Hochwasserkatastrophe | FAQ zur Neuerrichtung von Gebäuden

Im Zusammenhang mit der Wiedererrichtung von zerstörten Gebäuden erreichen uns immer wieder verschiedene Fragen. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen haben wir Ihnen nachfolgend zusammengestellt:

  • Kann sich ein Bauherr bei der Neuerrichtung eines zerstörten Gebäudes auf den planungsrechtlichen Bestandsschutz berufen?

Gerade für ältere Gebäude, die zu früheren Zeiten genehmigt wurden und die nach der heutigen Rechtslage nicht mehr genehmigungsfähig wären, spielt der Bestandsschutz regelmäßig eine hervorgehobene Rolle. Der Bestandsschutz im Planungsrecht schützt ein Haus, das baurechtlich rechtmäßig errichtet wurde, davor, beseitigt zu werden, auch wenn sich die Rechtslage mit den Jahren ändern sollte. Der Bestandsschutz kann in begrenztem Maße auch als Rechtsgrundlage für Maßnahmen zur Erhaltung des Gebäudes (Instandsetzungs- und Renovierungsmaßnahmen) in Betracht kommen. Voraussetzung für den Bestandsschutz ist eine im Wesentlichen vorhandene Bausubstanz, die funktionsgerecht genutzt wird.

Ist keine Bausubstanz mehr vorhanden – d. h. das Gebäude ist vollständig beseitigt –, erlischt auch der Bestandsschutz (BVerwG, Urteil vom 31.10.1990, Az. 4 C 45/88, juris Rn. 22). Im Regelfall muss dann eine neue Baugenehmigung beantragt werden.

  • Wann ist die (Wieder-)Errichtung eines Gebäudes zulässig?

Ob man ein Gebäude zulässigerweise errichten kann, hängt maßgeblich von seiner Umgebung und der Erschließung ab:

  1. In den Bereichen, in denen ein Bebauungsplan von der Gemeinde aufgestellt wurde (sog. beplanter Innenbereich), ist dieser maßgebend für die Wiedererrichtung, vgl. § 3 Abs. 1 BauGB. Ob für ein Grundstück ein Bebauungsplan besteht, lässt sich entweder den Internet-Angeboten der Gemeinde oder durch eine Auskunft beim örtlichen Bauplanungsamt in Erfahrung bringen.
  2. In dem Bereich ohne Bebauungsplan, der aber als im Zusammenhang bebauter Ortsteil zu qualifizieren ist (sog. unbeplanter Innenbereich), ist für die Neuerrichtung die vorhandene – das Vorhabengrundstück prägende – Bebauung in der Umgebung maßgebend, vgl. § 34 Abs. 1 BauGB.

Wichtig zu wissen ist in diesem Zusammenhang, dass die prägende Wirkung von Gebäuden bei einer Beseitigung (auch bei der Zerstörung durch die Hochwasserkatastrophe) nicht von selbst erlischt. Sie gilt vielmehr so lange fort, bis sie endgültig aufgegeben worden ist und nach der Verkehrsauffassung mit einer erneuten Aufnahme nicht mehr gerechnet wird.

  1. Gerade im ländlichen Raum liegt ein Gebäude häufig außerhalb eines Bebauungsplans und auch außerhalb eines Bebauungszusammenhangs. Dieser sog. Außenbereich ist nach dem Willen des Gesetzgebers zwar grundsätzlich von Bebauung freizuhalten. Der Gesetzgeber hat aber in 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB eine spezielle Vorschrift für die Errichtung von Gebäuden vorgesehen, die ursprünglich zulässigerweise errichtet wurden und die dann durch einen Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstört worden sind. Als „Naturereignis“ in diesem Sinne kommen z. B. auch Überschwemmungen in Betracht. Der Wiederaufbau des Gebäudes muss dann „alsbald“ erfolgen. Für die Beurteilung der Zeitspanne „alsbald“ ist auf die Bauabsicht mittels Bauantrag bzw. Bauvoranfrage abzustellen. Das Bundesverwaltungsgericht hat ein sog. „Zeitmodell“ entwickelt, das sich an dem Zeitraum orientiert: Wird die Bauabsicht innerhalb eines Jahres nach Zerstörung ernsthaft bekundet, beispielsweise durch einen Bauantrag, ist die Voraussetzung des alsbald beabsichtigten Wiederaufbaus stets erfüllt. Für das folgende zweite Jahr ist dies jedenfalls in der Regel auch anzunehmen, wenn sich die Verkehrsauffassung unter den besonderen Umständen des Einzelfalls nicht schon vor Ablauf von zwei Jahren auf die infolge der Zerstörung des Gebäudes veränderten Grundstückssituation eingestellt hat. Nach Ablauf von zwei Jahren ist generell davon auszugehen, dass sich die Verkehrsauffassung auf den Wandel der Grundstückssituation eingestellt hat.

Gleichzeitig ist auch nur ein „gleichartiges“ neues Gebäudes wie das zerstörte zulässig.

Wenn Sie Fragen zu der Errichtung eines zerstörten Gebäudes haben, melden Sie sich bei uns. Gerne unterstützen wir Sie!

 

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FAQ zum Vergaberecht
FAQ zum Planfeststellungsrecht
FAQ zu drohenden Schadensersatzansprüchen für die öffentliche Hand

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Alexander Fritz

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