Zu den Ergebnissen des Abschlussberichts über die Sektoruntersuchung des BKartA zur Bereitstellung und Vermarktung öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge vom 01.10.2024
Der Ausbau der Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ist Grundvoraussetzung für die Verkehrswende hin zu einem möglichst emissionsarmen Individualverkehr in Deutschland. Das Ziel ist ambitioniert: Bis 2030 sollen deutschlandweit eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte errichtet werden. Der am 01.10.2024 veröffentlichte Abschlussbericht des Bundeskartellamts zur Sektoruntersuchung zur E-Ladeinfrastruktur zeigt jedoch, dass es noch zahlreiche Hürden gibt, die dem Ausbau im Weg stehen. Wir haben uns den Abschlussbericht einmal angesehen – welche Probleme hat das Bundeskartellamt identifiziert?
Der Marktzugang: Ein exklusives Geschäft?
Eines der größten Hindernisse für den Wettbewerb ist die starke Konzentration des Marktes auf wenige Betreiber von Ladeinfrastruktur (sogenannte CPOs – Charging Point Operators). In vielen lokalen Märkten dominiert oft nur ein Anbieter. Diese Monopolstellungen entstehen häufig dadurch, dass Kommunen und Städte öffentliche Flächen bevorzugt an die eigenen Stadtwerke vergeben. Diese Vergabepraxis erschwert es neuen Marktteilnehmern, Fuß zu fassen, und führt zu einem eingeschränkten Wettbewerb. Die Konsequenz: höhere Preise und ein geringerer Innovationsdruck. Das Bundeskartellamt fordert hier mehr Transparenz und einen diskriminierungsfreien Zugang zu Flächen, um den Wettbewerb zu beleben. Nach Auffassung des Bundeskartellamts werden Kommunen bei der Vergabe von Flächen insbesondere wirtschaftlich, und nicht hoheitlich, tätig. Hierzu fehlt es aber bislang an einer höchstrichterlichen oder gesetzlichen Klärung/Klarstellung.
Preis-Kosten-Scheren und missbräuchliches Verhalten
Ein weiteres Problem, das die Untersuchung des Bundeskartellamts aufzeigt, ist die Gefahr der sogenannten Preis-Kosten-Schere (auch „margin squeeze“ genannt). Hierbei setzen marktmächtige CPOs die Preise für Mobilitätsdienstleister (EMP – E-Mobility Provider), die nicht über eigene CPs verfügen, so hoch an, dass diese keine ausreichenden Margen erzielen können. Damit wird der Wettbewerb auf dem Markt für Ladestrom erheblich behindert. Ein solcher Missbrauch von Marktmacht ist laut Kartellrecht verboten, doch in der Praxis schwer zu verhindern. Das Bundeskartellamt teilt immerhin mit, dass die Kartellbehörden in Zukunft verstärkt gegen solche Praktiken vorgehen und Missbrauchsverfahren einleiten werden, um den Wettbewerb zu schützen.
Preisregulierung: Ein zweischneidiges Schwert?
Die Preisgestaltung für das Laden von Elektrofahrzeugen ist ebenfalls ein heikles Thema. Während staatliche Förderprogramme oft Preisobergrenzen oder Preiskorridore vorsehen, besteht die Gefahr, dass diese Regelungen private Investitionen in die Ladeinfrastruktur behindern. Eine zu starke Regulierung könnte nach der Auffassung des Bundeskartellamts die Wirtschaftlichkeit des Geschäftsmodells gefährden und so den notwendigen Ausbau bremsen. Daher plädiert das Bundeskartellamt dafür, die Preisregulierung auf ein Minimum zu beschränken und stattdessen auf den Wettbewerb als treibende Kraft zu setzen.
Der Zugang zu Flächen: Wettbewerb auf Augenhöhe?
Ein entscheidender Faktor für den Erfolg des Ladeinfrastrukturausbaus ist der Zugang zu geeigneten Flächen. Die aktuelle Praxis beim Zugang zu öffentlichen Flächen zur Errichtung öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur im öffentlichen Straßenland stellt nach den Untersuchungen des BKartA ein Wettbewerbshindernis dar. Im kartellrechtlichen Fokus steht insbesondere die Vergabepraxis von Gebietskörperschaften, die beim Flächenangebot über eine marktbeherrschende oder relativ marktmächtige Stellung im Sinne des § 18 GWB bzw. § 20 Abs. 3 GWB verfügen (können). Beim Angebot von Flächen müssen die marktbeherrschenden Gebietskörperschaften das kartellrechtliche Missbrauchsverbot beachten. Eine sachlich nicht gerechtfertigte Bevorzugung insbesondere des eigenen Stadtwerks muss unterbleiben. Das Bundeskartellamt fordert hier eine diskriminierungsfreie Vergabe und schlägt vor, öffentliche Flächen in kleineren, überlappenden Losen zu vergeben, um die Vielfalt der Anbieter zu erhöhen.
Gesetzliche Rahmenbedingungen und Regulierung
Neben den kartellrechtlichen Aspekten gibt es eine Vielzahl gesetzlicher Regelungen, die den Aufbau der Ladeinfrastruktur betreffen. Auf europäischer Ebene regelt die Verordnung über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFIR) die Anforderungen an den Ausbau der Ladeinfrastruktur. Auf nationaler Ebene soll das Schnellladegesetz für eine flächendeckende Bereitstellung von Schnellladestationen sorgen. Diese Gesetze sind sicher einerseits notwendig, um den Ausbau voranzutreiben, doch sie werfen auch Fragen auf: Wie lassen sich gesetzliche Vorgaben so gestalten, dass sie nicht in den freien Markt eingreifen und den Wettbewerb behindern?
Fazit und Ausblick
Der Abschlussbericht des Bundeskartellamts zeigt deutlich, dass der Weg zu einer funktionierenden Ladeinfrastruktur in Deutschland noch mit vielen rechtlichen Hürden gepflastert ist. Eine der zentralen Herausforderungen bleibt die Schaffung eines offenen und fairen Wettbewerbs, der es neuen Marktteilnehmern ermöglicht, zu investieren und zu expandieren.
Für die Zukunft ist es daher entscheidend, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen klar und fair sind und dass die Kartellbehörden ihre Aufsicht verstärken, um Missbrauch zu verhindern.
Wir von CBH Rechtsanwälte haben umfassende Erfahrungen in der Beratung von Ladeinfrastrukturvorhaben – sei es aufseiten der Kommune, die einerseits vergabe- und wettbewerbsrechtlich konform, andererseits praktikabel Ladeinfrastruktur bereitstellen will, sei es aufseiten der Anbieter von Ladeinfrastrukturlösungen, die an entsprechenden Ausschreibungen und Vergaben teilnehmen und einen fairen Marktzugang erhalten möchten. Sprechen Sie uns bei Fragen zum Thema Ladeinfrastruktur gern an!
Den Abschlussbericht des Bundeskartellamts zur Sektoruntersuchung E-Ladeinfrastruktur können Sie hier abrufen.