Der Ende September 2024 vorgelegte Referentenentwurf eines Vergabetransformationspakets nimmt im Wesentlichen in drei beabsichtigten Neuregelungen Bezug auf vereidigungs- und sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge:
So soll die bisherige Regelung in § 3 Abs. 1 Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz in § 97 Abs. 4 GWB integriert und damit eine bisher nur für die militärische Beschaffung vorgesehene Beschleunigungsregelung in die allgemeinen Grundsätze der öffentlichen Auftragsvergabe aufgenommen werden. Hiernach dürfen mehrere Teil- oder Fachlose ganz oder teilweise zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche, technische oder zeitliche Gründe dies rechtfertigen. Zeitlicher Aufwand wurde auch schon bisher von Teilen der Rechtsprechung als ein zulässiger technischer oder wirtschaftlicher Grund anerkannt, kann aber auch aus sich heraus eine Rechtfertigung für eine Gesamtvergabe sein. Mit diesem Änderungsvorhaben wird vor allem der im Grundsatz unveränderte Losgrundsatz des GWB in praxisnaher Weise flexibilisiert. Die Neuregelung stellt klar, dass die Zusammenfassung mehrerer Lose nicht zwingend zu einer Gesamtvergabe des gesamten Auftrags führen muss, da der Auftraggeber auch nur einen Teil der Lose zusammenfassen und gemeinsam vergeben kann. Zeitliche Gründe können vor allem bei gesamtgesellschaftlich besonders drängenden Vorhaben relevant sein, z.B. bei einer veränderten sicherheitspolitischen Lage, wie dies angesichts des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine der Fall ist. Dies hat unmittelbare Auswirkungen auf Beschaffungsvorhaben der Bundeswehr. Da Belange des Mittelstandes weiterhin hochgehalten werden, sollen Auftraggeber Auftragnehmer dazu verpflichten, bei der Erteilung von Unteraufträgen mittelständische Interessen besonders zu berücksichtigen.
Für öffentliche Aufträge und Konzessionen, deren Vergabe im Zusammenhang mit kritischen Dienstleistungen im Sinne des Gesetzes über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Gesetz) stehen und für die Vergabe verteidigungs- und sicherheitspolitischer Aufträge im Sinne von §104 Abs.1 GWB soll ein neuer § 112a GWB eingefügt werden. Dieser gestattet es Auftraggebern, den Zugang zu Vergabeverfahren mit Blick auf die Ansässigkeit der Bewerber oder Bieter in bestimmten Drittstaaten zu beschränken und enthält insofern eine erlaubte Ungleichbehandlung i.S.v. § 97 Abs.2 GWB. Dies ist unionsrechtlich zulässig, als die Gleichbehandlung von Wirtschaftsteilnehmern aus Drittstaaten gegenüber solchen aus EU-Staaten nur dann gilt, wenn die EU diesen Staaten völkerrechtlich einen Zugang zu ihrem Beschaffungsmarkt eingeräumt hat. Die Ausübung der Ausschlussmöglichkeit steht im pflichtgemäßen Ermessen der Auftraggeber. Sie kann nur auf Grundlage eines sachlichen Grundes, also nicht willkürlich, erfolgen.
Schließlich sollen die in § 145 GWG geregelten besonderen Ausnahmen für die Vergabe von Verteidigungs- oder sicherheitspolitischen öffentlichen Aufträgen im Kontext mit „den Zwecken nachrichtendienstlicher Tätigkeiten“ um die Passage „einschließlich des militärischen Nachrichtenwesens“ ergänzt werden. Damit unterfallen künftig der zivile und der militärische Nachrichtendienst der gesetzlichen Ausnahme, was sachlich nachvollziehbar und konsequent ist.
Die durch das BMWK angestoßenen Änderungen im Vergaberecht sind zwar nicht der ganz große Wurf, jedoch geeignet, auch im Bereich der militärischen Beschaffung sinnvolle Erleichterungen zu schaffen. Hierzu könnten auch die in Aussicht genommenen Digitalisierungsansätze beitragen, wenn z.B. im Rechtsschutzverfahren auf „Textform“ statt wie bisher „Schriftform“ abgestellt wird. Die Neuregelungen könnten, sofern das sich an die Ressortabstimmung anschließende parlamentarische Verfahren zügig durchlaufen wird, im ersten Halbjahr 2025 in Kraft treten.