Schwarz-grüne Regierungskoalition in NRW positioniert sich zur Wasserstofftechnologie

Im sogenannten Zukunftsvertrag für Nordrhein-Westfalen präsentierten CDU und Grüne am 23.06.2002 den 146 Seiten langen Koalitionsvertrag für die Regierungsarbeit der kommenden fünf Jahre. Die Koalition trifft darin im Gegensatz zur Vorgängerregierung erstmals Aussagen zur Wasserstofftechnologie in Nordrhein-Westfalen und stellt deren Unverzichtbarkeit für die Erreichung der Klimaziele heraus. Primäres Einsatzziel von Wasserstoff soll der Ersatz fossiler Energien in der energieintensiven Industrie sein. Zudem soll Wasserstoff als Option für Wärme im Gebäuden dienen, wenn eine ausreichende Verfügbarkeit des Energieträgers besteht.

Der für die Transformation der energieintensiven Industrie benötigte Wasserstoff soll zum Teil durch die Nutzung heimischer Produktionspotenziale, überwiegend jedoch durch Importe, bereitgestellt werden. Um die heimische Produktion zu unterstützen, soll die Regulierung klimaneutraler Wasserstoffe zunächst so ausgestaltet sein, dass Wasserstoffproduktion bis zu einer günstigen Versorgung mit grünem Wasserstoff auf alternativen Wegen möglich bleibt. Zudem soll die neu entstehende Industrie der Elektrolyse-Produzenten unterstützt werden. Im Übrigen betont die Landesregierung die Bedeutung des Ausbaus der erneuerbaren Energien in Nordrhein-Westfalen und signalisiert damit wohl, dass der bisherige Ausbaugrad (noch) keine großskalige Produktion grünen Wasserstoffs ermöglicht.

Größere Bedeutung für die Versorgung der heimischen Industrie mit grünem Wasserstoff misst die schwarz-grüne Koalition daher dem Import bei. Das Augenmerk soll hier auf deutsche und europäische Wasserstoffimportstrategien gelegt werden, die eine breite Diversifizierung der Bezugsregionen und Nachhaltigkeit im Blick haben. Bedingt durch den Importfokus wird der Wasserstoff-Transportinfrastruktur für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in den kommenden Jahren eine Schlüsselrolle zukommen. Folgerichtig enthält der Koalitionsvertrag gleich mehrere Aussagen zum Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur. Hauptakteure dieses Ausbaus sollen unter anderem Gasnetzbetreiber und kommunale Stadtwerke sein. Sie sollen dabei unterstützt werden, die leitungsgebundene Infrastruktur für den Transport und die Speicherung von Wasserstoff sowie die Umwidmung nicht mehr benötigter Gasinfrastruktur vorzunehmen. Die geplanten Maßnahmen der Landesregierung setzen dafür einerseits bei der Ausstattung der Verwaltung an: es soll für genügend Personal bei Genehmigungsbehörden gesorgt werden. Der Ausbau leitungsgebundener Wasserstoff-Infrastruktur soll jedoch auch gesetzgeberisch unterstützt werden. So soll kommunalen Stadtwerken der Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur ermöglicht werden, ohne dass diese in unnötige Konkurrenz mit der Privatwirtschaft treten. Um neben der Verteilung von Wasserstoff in Nordrhein-Westfalen auch potentielle Importquellen zu erschließen, will die Regierungskoalition zudem Leitungsverbindungen zu niederländischen, belgischen und norddeutschen Häfen oder Einspeisepunkten sicherstellen. Dies soll durch den Transport flüssigen Wasserstoffs über den Wasser- und Schienenweg flankiert werden.

Die Landesregierung will auch Forschungsinitiativen in Nordrhein-Westfalen stärken, um Wasserstofftechnologie einerseits in der Binnenwirtschaft einzusetzen. Andererseits sollen aber auch Potenziale für Technologieexport erschlossen werden. Hierfür stellt die Regierungskoalition ein konkretes Förderprogramm („H2KMU“) in Aussicht. Außerdem will sich die Landesregierung gegenüber der Europäischen Union für die Schaffung beihilferechtlicher Voraussetzungen zu einmaligen Investitionen in die Umstellung fossiler Energieträger auf Wasserstoff und direkte Stromanwendungen einsetzen.

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Sebastian Hoppe, LL.M. (AMU)

Sebastian Hoppe, LL.M. (AMU)

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