Sauerei oder saubere Sache? – Keine Minischweine im allgemeinen Wohngebiet

Mit Urteil (Az.5 K 427/24.NW) vom 11.09.2024 hat das Verwaltungsgericht Neustadt/Weinstraße entschieden, dass die Haltung von Minischweinen in einem allgemeinen Wohngebiet bauplanungsrechtlich unzulässig ist.

DER FALL

Seit 2022 hält ein Ehepaar im Garten in einem Freigehege zwei ca. 70 kg schwere Minischweine. Das Grundstück befindet sich umgeben von Wohnhäusern mit ebenfalls rückläufig ausgestalteten Gärten in einem durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet (§ 4 BauNVO). Im November 2023 forderte der Landkreis das Ehepaar unter der Begründung, dass die Haltung von Schweinen in allgemeinen Wohngebieten unzulässig sei, zur Entfernung dieser auf. Das Ehepaar hielt dem entgegen, dass es sich nicht um Hängebauch- sondern Minischweine handele, welche als Kleintiere auch in einem Wohngebiet gebietsverträglich seien. Das Veterinäramt habe zudem im August die Sauberkeit des Geheges als beispiellos hervorgehoben und bestätigt, dass eine artgerechte Haltung vorliege. Geruchsimmissionen würden von Tieren ebenfalls nicht ausgehen.

Nachdem der Landkreis weiterhin auf die Entfernung der Minischweine bestand, erhoben das Ehepaar im April 2024 Klage gegen die erlassenen Bescheide beim Verwaltungsgericht (VG) Neustadt/Weinstraße. Sie führten dabei weiter aus, dass die Haltung von Minischweinen schon in Anbetracht des Größen- und Gewichtsunterschiedes anders als andere Schweinearten (z. B. Hausschweine mit durchschnittlichem Gewicht zwischen 180 bis 250 kg) zu behandeln sei. Das Freigehege der Schweine sei als zulässige Anlage für die Kleintierhaltung (§ 14 Abs. 1 Satz 2 BauNVO) anzusehen, die aufgrund des dörflich-ländlichen Charakters ihrer Ortslage und den umliegenden landwirtschaftlichen Flächen nichts ungewöhnliches oder Ortsfremdes darstelle. Insoweit unterscheide sich ein allgemeines Wohngebiet in einem „Dorf“ maßgeblich von einem Wohngebiet in einem städtisch geprägten Gebiet. Auch sei das Rücksichtnahmegebot gewahrt, da das geringe Ausmaß der Kleintierhaltung nicht den Rahmen der für eine Wohnnutzung typischen Freizeitbeschäftigung sprenge.

DIE ENTSCHEIDUNG

Ohne Erfolg! Das VG Neustadt/Weinstraße wies die Klage ab. Die Nutzungsuntersagung sei rechtmäßig und verletzte das Ehepaar nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten. Die Haltung der Minischweine erweise sich als materiell baurechtswidrig, weil sie bauplanungsrechtlich im allgemeinen Wohngebiet unzulässig sei.

In einem allgemeinen Wohngebiet sind zwar auch Anlagen zur Kleintierhaltung als untergeordnete Nebenanlagen nach § 14 Abs. 1 BauNVO grundsätzlich zulassungsfähig. Das VG sah die Haltung der beiden Minischweine im konkreten Fall jedoch nicht als zulässige Kleintierhaltung im Sinne dieser Vorschrift an. So seien die Schweine unabhängig von ihrer Einstufung als Groß- oder Kleintiere typischerweise nicht in den durch Wohnnutzung geprägten Baugebieten zu erwarten und ihre Haltung liege nicht im Rahmen einer typischerweise der Wohnnutzung dienenden Freizeitbetätigung. Zudem seien mit der Haltung von Schweinen typischerweise Geräusch- und Geruchsbelästigungen verbunden, die ebenfalls in Wohngebieten nicht üblich und anderer Art als etwa von in Wohngebieten üblicherweise gehaltenen Hunden, Katzen, Kaninchen oder Vögeln seien. Von Schweinen, die sich ganzjährig rund um die Uhr hauptsächlich im Freien aufhalten, würden insoweit ungefilterte Gerüche und Geräusche ausgehen, die unmittelbar die Umgebung belasten. Da die Frage, ob die Haltung der Schweine durch die Kläger tatsächlich zu einer Belästigung der Nachbarn durch Gerüche führt, insoweit unerheblich ist, konnte das klägerische Ehepaar auch nicht mit seinem Einwand der durch das Veterinäramt hervorgehobenen Sauberkeit des Geheges und der bestätigten artgerechten Haltung durchdringen.

Ebenso vermochte ihr Standpunkt, dass es sich um sog. Minischweine handele, die leichter bzw. kleiner als gewöhnliche Schweinearten seien, das VG nicht zu überzeugen. Dieses verwies darauf, dass der Ausdruck „Minischwein“ einen Sammelbegriff für diverse kleinwüchsige Schweinerassen darstelle, die obgleich im Gewicht wesentlich leichter als ein „normales Schwein“ dennoch fernab von dem begrifflich suggerierten „Handtaschenformat“ sehr junger Tiere seien. Darüber hinaus müssten bei der Haltung von Minischweinen neben den Anforderungen der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung auch tierseuchenrechtliche Vorgaben sowie die Schweinehaltungshygieneverordnung beachtet werden. Unter Zugrundelegung dieser Gründe schloss das VG, dass bauplanungsrechtlich keine unterschiedliche Behandlung zwischen üblichen Hausschweinen, Hängebauchschweinen und Minischweinen erfolge.

Aufgrund der Lage des Grundstücks zentral im Ort, umschlossenen von weiteren Wohnhäusern und ohne vergleichbare vorhandene Nutzungen in der Nachbarschaft nahm das VG trotz des insgesamt dörflich-ländlichen Charakters der Ortschaft auch keinen anders gelagerten Einzelfall an.

PRAXISHINWEIS

Das Urteil reiht sich in eine Vielzahl von Entscheidungen zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von Tierhaltungen ein. Maßgeblich ist hierbei, welche Art der baulichen Nutzung für das betroffene Grundstück im Einzelfall zulässig ist.

Mit Blick auf den städtebaulichen Zweck von § 14 BauNVO sind als Kleintiere jedenfalls – wie das VG in seinem Urteil zutreffend ausgeführt hat – solche Tiere anzusehen, deren Haltung in den Baugebieten typischerweise üblich und ungefährlich ist und soweit es sich um Wohngebiete oder durch Wohnen mitgeprägte Gebiete handelt, typischerweise einer im Rahmen der Wohnnutzung liegenden Freizeitbetätigung dient. Wobei zu beachten ist, dass sich die Verkehrsüblichkeit einer Kleintierhaltung als Freizeitbetätigung im Rahmen einer Wohnnutzung nach den örtlichen oder regionalen Gewohnheiten richten kann. Darüber hinaus ist bei der Beurteilung neben der Art der in den Nebenanlagen gehaltenen Tiere auch deren Anzahl und das mit ihnen jeweils verbundene Störpotenzial zu berücksichtigen. Letztlich beurteilt sich die Frage, ob Einrichtungen und Anlagen für die Tierhaltung als Nebenanlagen im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO der Eigenart des Baugebiets nicht widersprechen, nach der örtlichen Situation im jeweiligen Einzelfall.

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Teresa Beierle

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