Neue Regeln für politische Werbung: Die Transparenz- und Targeting-Verordnung kommt – Teil 2

Seit dem 10.10.2025 gelten neue Spielregeln für politische Werbung: Politiker, Werbeagenturen, Medien und Plattformen haben sich dann an die Vorgaben der Transparenz- und Targeting-Verordnung (TTVO) zu halten. Die wichtigsten Regelungen werden in zwei Beiträgen vorgestellt. In Teil 1 wurden der Anwendungsbereich und die Transparenzpflichten behandelt. Im zweiten Teil geht es um die Regelungen zum Targeting und um die Durchsetzung der Verordnung.

Voraussetzungen für das Targeting

Das zielgerichtete Ausspielen von Werbung im Netz ist unter dem Stichwort „Targeted Advertising“ seit Langem etabliert. Hierzu ermitteln die Werbetreibenden und Online-Plattformen anhand personenbezogener Daten die Vorlieben der Nutzer, um die zu ihnen passenden Werbebotschaften auszuwählen. Im sensiblen Bereich der politischen Werbung zieht die TTVO der zielgerichteten Nutzeransprache jedoch enge Grenzen.

Art. 3 Nr. 11 TTVO enthält eine gesetzliche Definition des Begriffs „Targetingverfahren“: Gemeint sind damit Verfahren, die eingesetzt werden, um auf der Grundlage der Verarbeitung personenbezogener Daten eine politische Anzeige nur an eine bestimmte Person oder Personengruppe zu richten oder diese auszuschließen.

Targetingverfahren und Verfahren zur personalisierten Anzeigenschaltung basieren in der Regel auf der Verarbeitung personenbezogener Daten. Gemäß Art. 18 Abs. 1 TTVO sind solche Verfahren nur bei Erfüllung mehrerer Voraussetzungen zulässig: Zunächst muss der für das Targeting Verantwortliche (im Sinne des Art. 3 Nr. 14 TTVO) die personenbezogenen Daten von der betroffenen Person selbst erhoben haben („Direkterhebungspflicht“); damit wird insbesondere der Handel mit von anderen Stellen erhobenen Daten zu Zwecken politischer Werbung unterbunden. Für die Datenerhebung muss die betroffene Person eine ausdrückliche Einwilligung (gemäß den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO) in die Datenverarbeitung zu Zwecken politischer Werbung abgegeben haben. Und selbst wenn diese beiden Voraussetzungen erfüllt sind, ist ein „Profiling“ im Sinne des Art. 4 Nr. 4 DSGVO und weiterer datenschutzrechtlicher Sekundärrechtsakte verboten.

Weitere Voraussetzungen für den Einsatz von Targeting- und Anzeigenschaltungsverfahren unter Einsatz personenbezogener Daten enthält Art. 19 TTVO: Danach müssen die Verantwortlichen unter anderem öffentlich zugänglich und in klarer, leichter Sprache darlegen, wie diese Verfahren eingesetzt werden. Es müssen Protokolle über den Einsatz dieser Verfahren geführt werden. Und in den Transparenzangaben müssen den Betroffenen zusätzliche Informationen – z. B. über die spezifische Gruppe, der eine politische Anzeige angezeigt wird – zur Verfügung gestellt werden.

Überwachung und Durchsetzung der TTVO

In den Art. 21 ff. sind Regelungen zur Überwachung und Durchsetzung der TTVO enthalten. Artikel 22 TTVO regelt die zuständigen Behörden: Für die Vorschriften zum Targetingverfahren sind die Datenschutzbeauftragten gemäß Art. 51 DSGVO zuständig. Für die Überwachung der Einhaltung der Transparenzpflichten haben die Mitgliedstaaten eine zuständige Behörde zu benennen. In Deutschland sollen nach dem Willen der Länder die Landesmedienanstalten zuständig sein, sofern es um die Einhaltung der Pflichten durch Rundfunkveranstalter und Anbieter von Telemedien geht. Eine entsprechende Änderung des Medienstaatsvertrags befindet sich derzeit in der länderinternen Abstimmung.

Art. 24 TTVO sieht ein Beschwerderecht für jedermann vor. Demnach haben die zuständigen Behörden jede Mittelung über einen möglichen Verstoß gegen die Verordnung ordnungsgemäß zu bearbeiten. Beschwerden, die nicht in den Zuständigkeitsbereich der adressierten Behörde fallen, sind von dieser unverzüglich an die zuständige Behörde weiterzuleiten.

Von besonderer Bedeutung sind die Vorgaben zu Sanktionen gegen Verstöße in Art. 25 TTVO: Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, Vorschriften über Sanktionen oder andere Maßnahmen bezüglich Verstößen von Sponsoren und Anbietern politischer Werbung festzulegen. Die Sanktionen sollen „wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ zugleich sein. Der zulässige Höchstbetrag von Geldbußen als Sanktionen wird auf sechs Prozent der jährlichen Einnahmen bzw. des jährlichen Umsatzes festgelegt. Die Mitgliedstaaten müssen der EU-Kommission bis zum 10.01.2026 mitteilen, welche Vorschriften und Maßnahmen sie in Umsetzung ihrer Pflicht erlassen bzw. ergriffen haben.

Bei Verstößen gegen die Targetingpflichten aus Art. 18 und 19 TTVO können die zuständigen Datenschutzbehörden Geldbußen bis zu dem in Art. 83 Abs. 5 DSGVO genannten Betrag verhängen. Hier liegt die Höchstgrenze bei 20 Mio. Euro oder bei Unternehmen in Höhe von 4 % des weltweit erzielten Jahresumsatzes.

Bewertung

Die TTVO sorgt derzeit für große Unsicherheit. Das liegt vor allem an der weiten und relativ unbestimmten Definition von „politischer Werbung“ in Art. 2 Nr. 2 TTVO und hier insbesondere an Buchstabe b: Dieser führt nämlich dazu, dass nicht nur Anzeigen von und für politische Akteure, sondern auch sonstige wahl- bzw. abstimmungsrelevante Botschaften erfasst sein können. Neben politischen Parteien, Kandidaten und Initiativen müssen daher auch Unternehmen und Verbände prüfen, ob sie womöglich politische Werbung verbreiten.

Ist der Anwendungsbereich eröffnet, muss geklärt werden, ob ein Ausschlussgrund gemäß Art. 5 Abs. 2 TTVO vorliegt, etwa, weil der Sponsor aus einem Drittland stammt. In der Literatur wird diese weitreichende Regelung bereits als Verletzung von EU-Grundrechten und primärrechtlichen Kompetenzvorschriften gewertet; es bleibt abzuwarten, ob und wie sich die Rechtsprechung dazu positionieren wird.

Für Sponsoren, Anbieter, Herausgeber und Verantwortliche im Sinne der TTVO gelten die mitunter sehr detaillierten Vorschriften für die Transparenz politischer Anzeigen und das Targeting. Angesichts der Pflicht zur robusten Durchsetzung der Regelungen ist allen Betroffenen zu empfehlen, sich strikt an die Vorgaben zu halten und auch die weitere Umsetzung der Verordnung in Deutschland im Blick zu behalten.

Zurück
Dr. Jörg Frederik Ferreau

Dr. Jörg Frederik Ferreau

ZUM PROFIL