Durch die von der EU und auf nationaler Ebene beschlossene Klimaneutralität ab 2045 wird die Bedeutung von Erdgas bereits mittelfristig in zahlreichen Sektoren abnehmen. Bereits heute ist absehbar, dass hieraus regional ganz unterschiedliche Bedarfe und Nutzungen der Bestandsgasnetze resultieren werden. So wird ein großer Teil des Erdgasnetzes ab Anfang 2045 nicht mehr genutzt und stillgelegt werden. Auf kommunaler Ebene gibt es zudem Pläne für einen noch schnelleren Ausstieg aus der Erdgasversorgung. Wegen der wachsenden Bedeutung von Wasserstoff werden voraussichtlich Teile des Fernleitungsnetzes und ggf. auch der kommunalen Verteilernetze künftig für dessen Transport genutzt werden.
Vor diesem Hintergrund sah die Bundesnetzagentur Handlungsbedarf bei der Anpassung der Abschreibungsmöglichkeiten für Bestandsanlagen, da ansonsten sich die zum 31. Dezember 2044 nicht amortisierten Restwerte auf mehrere Milliarden Euro summieren würden. Zulasten der verbleibenden Gaskunden würden sich zudem die Netznutzungsentgelte deutlich erhöhen. Die Agentur hat daher Ende September 2024 die Festlegung zur Anpassung von kalkulatorischen Nutzungsdauern und Abschreibungsmodalitäten von Erdgasleitungen (KANU 2.0) veröffentlicht.
Mit KANU 2.0, die die Transformation der Gasnetze regulatorisch begleitet, werden für alle Gasnetzbetreiber die Abschreibungsmöglichkeiten flexibilisiert. Die so vollzogene Transformation der Gasnetze soll sicherstellen, dass alle Gaskunden jederzeit sicher und zu angemessenen Netzentgelten versorgt werden. Die trotz sinkender Absatzmengen weiterhin anfallenden Kosten der Vorhaltung einer breiten und sicheren Versorgungsinfrastruktur sollen damit in der Weise auf die Jahre bis 2045 verteilt werden, dass sie noch von möglichst vielen Kunden getragen werden. Diese Kosten werden damit lediglich zeitlich verschoben. So wird verhindert, dass Kunden, die später als andere aus der Erdgasnutzung aussteigen, überproportional hohe Netzentgelte zahlen müssen.
Gleichzeitig gewährleistet die Festlegung, dass Netzbetreiber ihre notwendigen Investitionen in die Erdgasnetze weiterhin amortisieren können. Die Vorgaben berücksichtigen die Heterogenität der Netze und wahren gleichzeitig die Interessen der Netznutzer.
Für die Gasnetzbetreiber bedeutet die Festlegung kürzere Nutzungsdauern als bisher. Sie können Teile von Gasnetzen in Ausnahmefällen bereits bis 2035, in der Regel bis 2045, abschreiben. Weiterhin erlaubt KANU 2.0 in besonderen Fällen degressive Abschreibungen mit einem Satz von bis zu 12 % (Korridor von 8-12 %). Damit können Netzbetreiber ihre Abschreibungen an sinkende Absatzmengen anpassen, ihre Investitionen möglichst vollständig amortisieren und ihre wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für den Transformationsprozess gewährleisten.
Nach den Plänen der Bundesnetzagentur können die neuen Regeln bereits für die Berechnung der Netzentgelte ab 2025 angesetzt werden. Die neuen Abschreibungsregelungen haben daher auch erheblichen Einfluss auf die kommunale Wärmeplanung.
Es ist absehbar, dass kürzere Abschreibungsfristen grundsätzlich höhere Netzentgelte nach sich ziehen, allerdings in starker Abhängigkeit von der regionalen Umsetzung der Wärmewende, der kommunalen Wärmeplanung und dem tatsächlichen Rückgang der Gasnutzer. Pflicht der Gasnetzbetreiber ist es nun, die beschleunigte Abschreibung mit möglichst geringen Entgeltanstiegen in Einklang zu bringen.
Praktisch besonders bedeutsam ist diese Entwicklung in den Fällen, in denen Kommunen ihre Gaskonzessionsverträge in den nächsten Jahren neu ausschreiben müssen. Bei einer in der Regel 20-jährigen Konzessionsdauer reichen die neuen Konzessionsverträge dann bereits in die neue Phase der Klimaneutralität ab 2045 hinein. Dies muss bei der Neuausschreibung, aber auch bereits bei der Aufsetzung der neuen kommunalen Wärmeplanungen, dringend beachtet werden. Da ein moderater Anstieg der Netzentgelte ein wichtiges Auswahlkriterium ist, anhand dessen ein neuer Gasnetzbetreiber beauftragt wird, müssen die neuen Abschreibungsmöglichkeiten gemäß KANU 2.0 dringend beachtet werden. Die Bundesnetzagentur hat die Flexibilisierung der Abschreibung mit strengen, von ihr kontrollierten Begründungspflichten versehen. So ist ohne einen plausiblen, im Einzelfall nachgewiesenen, Ansatz die schnellere Abschreibung der Gasnetzte nicht zulässig. Damit soll u. a. ein überproportional hoher Anstieg der Netzentgelte im Kundeninteresse vermieden werden.
Gerne beraten wir Sie, falls Ihr kommunales Gasnetz aktuell oder in absehbarer Zukunft zur Neuausschreibung ansteht.