Gegenwind abgeschwächt: Kläger gegen Windenergieanlagen müssen konkrete Beeinträchtigungen vorbringen

Mit Urteil vom 30.10.2024 (Az. 5 KS 5 /23) hat das OVG Schleswig (5. Senat) festgestellt, dass pauschale Aufzählungen von möglichen Beeinträchtigungen durch Windenergieanlagen für eine Klage gegen deren Errichtung und Betrieb nicht ausreichen.

Der Fall

Gegenstand des Verfahrens ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigung des Betriebes und der Errichtung zweier Windkraftanlagen mit einem Rotordurchmesser von 149 m und einer Gesamthöhe von 200 m bzw. 180 m. Die Klägerin, Eigentümerin eines 700 m bzw. 543 m von den jeweiligen Anlagen entfernt gelegenen Grundstücks, wendete sich per Widerspruch und Klage gegen die Genehmigung. Zur Begründung trug sie vor, aufgrund der erdrückenden Wirkung der Anlagen werde gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen. Darauf beruhend sei mit einem erheblichen Wertverlust ihrer Immobilie zu rechnen.

Die Entscheidung

Das BVerwG hat die Klage mangels Verstoßes gegen das Rücksichtnahmegebot als unbegründet abgewiesen.

Das Gericht stellt zunächst fest, dass aufgrund der Regelannahme von § 249 Abs. 10 S. 1 BauGB nicht von einer optisch bedrängenden Wirkung auszugehen sei und die Zumutbarkeitsgrenze im Einzelfall nicht überschritten werde. Die atypischen Umstände für eine Abweichung

  • Außergewöhnliche Rotorgröße und Rotorstellung
  • Lage und Ausrichtung der Wohnräumlichkeiten
  • Vorhandener oder fehlender Sichtschutz (Baumgruppen, Waldbestand, Vegetation)
  • Topographie

seien vorliegend nicht ersichtlich.

Der befürchtete Wertverlust der Immobilie stelle keinen Eingriff in den Schutzbereich von Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz dar. Wertminderungen bildeten keinen Maßstab für die Beurteilung der Zumutbarkeit von Beeinträchtigungen im Sinne des Rücksichtnahmegebotes und seien lediglich dann beachtlich, wenn sie die Folge einer dem Betroffenen unzumutbaren Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeiten des Grundstücks sei. Es bestehe jedenfalls kein Anspruch, generell von einer Wertminderung durch benachbarte Bauvorhaben verschont zu bleiben. Dies gelte insbesondere im Außenbereich, in welchem mit privilegierten Vorhaben gem. § 35 BauGB, wie dem gegenständlichen, zu rechnen sei. Ausreichenden Schutz vor schädlichen Einwirkungen biete bereits das Rücksichtnahmegebot als solches.

Schließlich sei der Vortrag, die tatsächlichen Gegebenheiten zum Schattenwurf und erheblichen Gefahren durch Windkraftanlagen für den Menschen seien durch die Genehmigungsbehörde nicht ausreichend ermittelt worden, seinerseits nicht substantiiert genug. Die reine Aufzählung von Stichworten, welche vielfältigen Beeinträchtigungen von Windenergieanlagen ausgehen, ohne einen konkreten Bezug zur Klägerin herzustellen, genüge nicht, um damit einen Tatsachenkomplex im Sinne von § 6 Satz 1 UmwRG in das Verfahren einzuführen. Die unzureichende Ermittlung der Aspekte der optischen Bedrängung des Schattenwurfs, die in der Schattenwurfprognose zu dem Vorhaben ermittelt wurden, drängen sich auch nicht ohne Weiteres auf.

Folgen für die Praxis

Windkrafträder stoßen auf viel Gegenwind. Niemand möchte sie im vermeintlichen Hintergarten haben. Dennoch ist unvermeidbar, dass sie als wichtiger Bestandteil der Energiewende flächendeckend gebaut werden. Das Urteil stärkt Windkraftenergiebetreibern insofern den Rücken. Pauschale Behauptungen von Beeinträchtigungen greifen vor Gericht nicht und Art. 14 Grundgesetz schützt auch nicht vor jeglichen Beeinträchtigungen des Eigentums.

Kommen Sie bei rechtlichen Fragen rund um Windenergieanlagen gerne auf uns zu.

Zurück
Pauline Zittel, LL.M.

Pauline Zittel, LL.M.

ZUM PROFIL