Die Problematik der Tauglichkeit von Eigenreferenzen

Legt ein Bewerber bzw. Bieter zum Nachweis seiner technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit Referenzen vor, bei denen er selbst Auftragnehmer und zugleich Auftraggeber ist, handelt es sich um Eigenreferenzen. Im Gegensatz zu Drittreferenzen hat er bei diesen die Leistung ohne die Beauftragung durch einen Dritten für sich selbst vorgenommen. Fraglich ist, ob Eigenreferenzen Drittreferenzen gleichzustellen sind.

PROBLEMATIK

Sinn und Zweck des Nachweises der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit durch Referenzen besteht darin, dem öffentlichen Auftraggeber Sicherheit darüber zu geben, dass der Bewerber/Bieter über die erforderlichen personellen und technischen Mittel sowie ausreichende Erfahrung verfügt, um den Auftrag in angemessener Qualität ausführen zu können. Diese Sicherheit können grundsätzlich sowohl Eigen- als auch Drittreferenzen vermitteln. Für die Überprüfung der Referenzen ist allerdings der objektive Erklärungsinhalt der Ausschreibungsunterlagen maßgeblich. Von diesem darf der Auftraggeber aufgrund des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Bieter, § 97 Abs. 2 GWB, nicht abweichen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.05.2003 – VII-Verg 20/03).

Vor diesem Hintergrund kann sich ein Auftraggeber, der im Vorfeld weder in der Bekanntmachung noch in den Vergabeunterlagen gesondert festgelegt hat, ob Eigenreferenzen wie Drittreferenzen bewertet werden sollen, mit der Frage der Tauglichkeit von Eigenreferenzen im Rahmen der Prüfung der Teilnahmeanträge bzw. der Angebote plötzlich konfrontiert sehen.

RECHTSLAGE

Nach dem Beschluss der Vergabekammer des Landes Brandenburg (Beschluss vom 23.06.2009 – VK 26/09) sind Eigenreferenzen als unzureichend anzusehen, wenn vonseiten des Auftraggebers ausdrücklich Drittreferenzen gefordert waren. In dem der Vergabekammer Brandenburg zur Entscheidung vorliegenden Fall hatte die öffentliche Auftraggeberin zum Nachweis der Leistungsfähigkeit eine tabellarische Übersicht der Referenzen von der Bieterin gefordert mit u. a. der Angabe des Referenzauftraggebers mit Telefonnummer. Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte in den Vergabeunterlagen wurde diese Anforderung als ausdrückliche Forderung der Auftraggeberin zur Vorlage von Drittreferenzen verstanden.

Geht nach dem objektiven Erklärungswert aus Abfragefeldern im Formblatt der Referenzen eine Differenzierung zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer hervor, kann daraus gefolgert werden, dass ausschließlich Drittreferenzen vorzulegen waren. Denn durch die Eigenbenennung des Bewerbers/Bieters als Auftraggeber bzw. Ansprechpartner ist weder die bei Referenzen angestrebte unabhängige Kundenbestätigung der Leistungsfähigkeit möglich noch die Vergleichbarkeit der Arbeit nach fremden technischen, zeitlichen und rechtlichen Vorgaben gewährleistet. Beispiele für solche Abfragefelder sind: der Auftraggeber und dessen Kontaktdaten; der Abnahmezeitpunkt; die Passage, wonach sich der öffentliche Auftraggeber vorbehält, bei den benannten Referenzauftraggebern Nachfrage zu halten und vom Bieter ergänzende Erklärungen, Bestätigungen usw. einzufordern.

Eigenereferenzen können jedoch beispielsweise durchaus tauglich sein, soweit es nach der Bekanntmachung bzw. den Vergabeunterlagen um die Nutzung eines Gegenstandes als Eigenleistung, geht.

Maßgeblich für die Tauglichkeitsprüfung von Eigenreferenzen ist somit stets die Auslegung der Vergabeunterlagen nach dem objektiven Empfängerhorizont.

FOLGEN FÜR DIE PRAXIS

Hat ein Bewerber/Bieter aufgrund der Vorlage unzureichender Eigenreferenzen den Nachweis seiner Eignung nicht erbracht, ist er zwingend vom Verfahren auszuschließen. Insbesondere ist auch keine Nachforderung tauglicher Drittreferenzen möglich, da der Auftraggeber nur bei fehlenden, nicht jedoch bei inhaltlich unzureichenden Referenzen nachfordern darf (vgl. VK Bund, Beschluss vom 11.03.2022 – VK 1-23/22).

Vor diesem Hintergrund sind öffentliche Auftraggeber gut beraten, bereits in der Bekanntmachung oder den Vergabeunterlagen festzulegen, ob sie Eigenreferenzen wie Drittreferenzen als tauglich behandeln wollen oder die Abfragefelder im Formblatt der Referenzen bewusst zu gestalten.

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Teresa Beierle

Teresa Beierle

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