Bauordnungsrechtliche Regelungen zu Feuerwehrzufahrten nicht nachbarschützend

Das OVG Bremen stellt in seinem Beschluss vom 05.10.2021 (Az. 1 B 310/21) fest, dass die bauordnungsrechtlichen Regelungen zu Feuerwehrzufahrten nicht nachbarschützend sind.

Der Fall:

Der Bauherrnschaft des 1. Bauabschnitts eines Neubauvorhabens ist eine Nachtragsbaugenehmigung erteilt worden, mit der die zeitlich befristete Nutzung eines an der Grundstücksgrenze verlaufenden Rad- und Fußwegs als Pkw-Zufahrt für die Bewohner dieses Bauabschnitts genehmigt wurde. Diese Genehmigung wurde unter befristeter Befreiung von der im Bebauungsplan enthaltenen Festsetzung „Fuß-/Radweg“ für diesen Bereich erteilt. Hiergegen wandten sich die unmittelbar an den Fuß- und Radweg angrenzenden Nachbarn. Ihr Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wurde in der ersten Instanz abgelehnt. Gegen diese erstinstanzliche Entscheidung haben die Nachbarn im Ergebnis erfolglos Beschwerde eingelegt. Die Beschwerde wurde u. a. damit begründet, dass die Regelung des § 5 BremLBO über die Anforderungen an Feuerwehrzufahrten nachbarschützend sei.

Die Entscheidung:

Das OVG Bremen hat bezüglich der nachbarschützenden Wirkung des § 5 BremLBO klargestellt, dass dieser gesetzlichen Regelung keine nachbarschützende Wirkung zukommt. Die bauordnungsrechtlichen Vorgaben an eine hinreichend geeignete Feuerwehrzufahrt sollten eine schnelle und wirksame Brandbekämpfung ermöglichen und stellten damit eine allgemeine Anforderung an den Brandschutz dar. Die Verpflichtung diene dem öffentlichen Interesse und dem Schutz der Bewohner und Benutzer des Gebäudes wie auch die Vorschriften über Rettungswege, notwendige Treppenhäuser und Umwehrungen. Die Gewährleistung einer Feuerwehrzufahrt ziele damit primär auf die Abwehr einer erhöhten Brandausdehnungsgefahr innerhalb des Bauvorhabens und sei auf den Schutz von Leben und Gesundheit der sich dort aufhaltenden Menschen gerichtet, nicht aber auf Nachbarschutz.

Nachbarschützenden Charakter könnten nur solchen bauordnungsrechtlichen Brandschutzvorschriften beigemessen werden, die unmittelbar darauf gerichtet seien, das Übergreifen von Feuer auf Nachbargebäude zu verhindern. Dies gelte etwa für Vorschriften über Brandwände oder die Einhaltung einer Feuerwiderstandsfähigkeit von Bedachungen bei geschlossener Bauweise. Soweit unter Vorsorgegesichtspunkten auch der Gefahr eines Brandüberschlags vom Bauvorhaben auf das Grundstück der Nachbar begegnet werden solle, werde dem bereits durch die Einhaltung der Abstandsflächen gemäß § 6 BremLBO Rechnung getragen. Mit der Einhaltung der Abstandsflächen sei grundsätzlich auch der zum Schutz der Nachbarschaft vor einer Brandausbreitung erforderliche Mindestabstand gewahrt, da damit auch der abwehrende Brandschutz berücksichtigt werde.

Folgen für die Praxis:

Die Entscheidung des OVG Bremen bestätigt die bestehende ständige Rechtsprechung, nach der Nachbarn nicht jedweden Verstoß gegen Brandschutzvorschriften rügen und im Zweifelsfall eine hierauf beruhende Baugenehmigung erfolgversprechend gerichtlich angreifen können. Bauordnungsrechtliche Brandschutzvorschriften, die nicht dazu dienen, den Brandüberschlag zu verhindern, haben grundsätzlich keinen nachbarschützenden Charakter. Vor diesem Hintergrund kann ein Nachbar gegen ein ihm missliebiges Bauvorhaben bzw. die zugrunde liegende Baugenehmigung nicht mit Erfolg vorgehen, indem er Verstöße gegen solche bauordnungsrechtlichen Brandschutzvorschriften rügt, die nicht dazu dienen, einen Brandüberschlag zu verhindern.

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René Scheurell

René Scheurell

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