Trumps „Executive Order“ zur Beendigung von DEI-Programmen – Auswirkungen auch in der EU

Mit Dekret („Executive Order“) vom 20.01.2025 hat US-Präsident Trump angeordnet, sämtliche „Diversity, Equity and Inclusion“ (DEI) (Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusions-) -Programme, -Richtlinien und -Präferenzen der Regierung abzuschaffen. Die sogenannten "DEI-Programme" werden in den USA in den letzten Jahren vermehrt politisch und juristisch angegriffen. Auch die Trump Administration hat sich zum Ziel gesetzt, zu einem rein leistungsbasierten System zurückkehren: Jede Bundesbehörde musste diese Maßnahmen gerade innerhalb von 60 Tagen umsetzen – aber auch Unternehmen und Kanzleien prüfen ihre Betroffenheit.

Nachträgliche Vertragsanpassungen – Vergaberecht betroffen?

Im Zusammenhang mit der Anordnung wurden auch Formulare von US-Regierungsbehörden, z. B. von US-Botschaften, an europäische Auftragnehmer ausgegeben. Die Auftragnehmer wurden darin aufgefordert zu bestätigen, keine DEI-Programme zu unterstützen, die gegen geltende „Antidiskriminierungsgesetze“ verstoßen.

Die Aufforderung zur Bestätigung, DEI-Programme nicht (weiter) zu unterstützen, ist als nachträgliche Vertragsanpassung zwischen der US-Regierungsbehörde und dem jeweiligen – ggf. auch europäischen – Auftragnehmer einzuordnen. Nach welchem Recht sich die nachträgliche Vertragsanpassung richtet, hängt weiter vom jeweiligen Vertragsinhalt ab. Sollte ein solcher Vertrag im Anschluss an eine öffentliche Ausschreibung nach europäischem Vergaberecht mit einer Zuschlagserteilung zustande gekommen sein, wäre eine nachträgliche Änderung des Vertrages nur unter bestimmten Voraussetzungen (in Deutschland § 132 GWB) möglich und einzelfallbezogen zu prüfen.

Vor dem Hintergrund, dass europäische Auftraggeber DEI-Programme womöglich fördern und beispielsweise im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen solche Bieter, die die Umsetzung derartiger Programme umsetzen positiv bewerten, ergeben sich teils Widersprüche zum europäischen Vergaberecht. Nach § 97 Abs. 3 GWB zum Beispiel sind bei der Vergabe auch soziale und umweltbezogene Aspekte zu berücksichtigen und gemäß § 127 Abs. 1 GWB können neben dem Preis auch umweltbezogene oder soziale Aspekte bei der Zuschlagserteilung berücksichtigt werden. Heißt: Die Unterstützung von DEI-Programmen durch Bieter kann in einem Vergabeverfahren hierzulande durchaus positiv bewertet werden und ein nachträglicher Wegfall kann u. U. die Rechtfertigung des Zuschlags in Frage stellen.

Das Dekret gilt zwar nicht unmittelbar für privatwirtschaftliche Unternehmen; diese – sowohl US-Unternehmen als auch deutsche Unternehmen, die eine starke Präsenz in den USA haben – prüfen jedoch rechtliche Konsequenzen und schaffen ihre DEI-Programme teilweise bereits ab. Auswirkungen können also auch auftreten, wenn Unternehmen ihre DEI-Initiativen aufgrund des Dekretes anpassen und gleichzeitig weiterhin an europäischen Vergabeverfahren teilnehmen oder nachträglich nicht mehr etwaige Vorgaben laufender oder abgeschlossener europäischer Vergabeverfahren erfüllen. Dabei ist hierzulande zum Beispiel § 124 Abs. 1 Nr. 1 GWB zu beachten, wonach ein öffentlicher Auftraggeber ein Unternehmen von einem Vergabeverfahren ausschließen kann, wenn das Unternehmen bei der Ausführung öffentlicher Aufträge gegen geltende umwelt-, sozial- oder arbeitsrechtliche Verpflichtungen verstoßen hat. Auch § 128 GWB bestimmt, dass Unternehmen bei der Ausführung eines öffentlichen Auftrags alle sozial- und arbeitsrechtlichen Verpflichtungen – folglich z.B. auch die Gleichstellungsaspekte des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes – einzuhalten haben. Betroffene Unternehmen müssen diesen Spagat meistern.

Weitere Berührungspunkte im nationalen Recht

Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung ausländischen Rechts nicht gegen grundlegende Rechtsprinzipien und Gerechtigkeitsvorstellungen des deutschen Rechts verstoßen darf („Ordre Public“, Art. 6 EGBGB). Dabei muss nicht das ausländische Recht selbst, sondern erst seine Anwendung im Inland gegen die deutsche Rechtsordnung verstoßen; erforderlich ist eine „offensichtliche Unvereinbarkeit“. Die Anwendung dargestellter US-Rechtssätze im Inland könnte also vor dem Hintergrund von Art. 3 GG zumindest in Frage gestellt werden. Weitere Fragen ergeben sich im Arbeits- und Sozialrecht, denn die DEI-Förderprogramme sollen vor allem in Ausbildung und Beruf vor Diskriminierung zu schützen. Freiwillige Programme können daher eingestellt, nicht aber in Deutschland gültige gesetzliche Vorgaben außer Acht gelassen werden.

Was sind eigentlich präsidiale Dekrete?

Mittels Dekreten („Executive Orders“) kann der US-Präsident verbindliche Anordnungen gegenüber Mitarbeitern der Exekutive erlassen. Die Dekrete durchlaufen nicht den Gesetzgebungsprozess im Kongress, müssen aber von der Verfassung gestützt sein. Der amtierende Präsident und seine Nachfolger im Amt können die Dekrete wieder aufheben; Gerichte können sie nur aufheben, wenn sie gegen die Verfassung verstoßen. Der Kongress hat die Möglichkeit, das Dekret durch ein neues Gesetz zu ersetzen, wobei der Präsident dagegen sein Veto einlegen kann, das wiederum nur durch eine Zweidrittelmehrheit des Kongresses überstimmt werden kann.

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Sarah Beard

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