Neue EBA-Leitlinien zur Bereichsausnahme für begrenzte Netze und Produktangebote nach dem ZAG

Die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) hat im Februar 2022 neue Leitlinien zu den Bereichsausnahmen für begrenzte Netze und sehr begrenzte Produktangebote im Zahlungsverkehr im Lichte der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie („PSD2“) veröffentlicht.

Die seit dem 1. Juni 2022 geltenden Leitlinien konkretisieren Art. 3 (k) der Zweiten Zahlungsdiensterichtlinie („PSD2“), dessen Inhalt im deutschen Recht in § 2 Abs. 1 Nr. 10 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) umgesetzt worden ist.

Danach gelten nicht als erlaubnispflichtige Zahlungsdienste im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 ZAG solche besonderen Dienste, die auf Zahlungsinstrumenten beruhen, die

a) für den Erwerb von Waren oder Dienstleistungen in den Geschäftsräumen des Emittenten oder innerhalb eines begrenzten Netzes von Dienstleistern im Rahmen einer Geschäftsvereinbarung mit einem professionellen Emittenten eingesetzt werden können,

b) für den Erwerb eines sehr begrenzten Waren- oder Dienstleistungsspektrums eingesetzt werden können, oder

[…]

Die Neuerungen im Überblick
  • Der Anwendungsbereich der Ausnahmetatbestände erstreckt sich nunmehr auch auf das reine Angebot von Waren- und Dienstleistungen in Onlineshops. Bisher sollte die Bereichsausnahme nur dann gelten, wenn Zahlungsinstrumente genutzt werden, die sowohl im Ladenlokal als auch online einsetzbar sind. Die Bezahlmöglichkeit für das Online-Angebot durfte daher nicht über das im Ladenlokal bezahlbare Waren- oder Dienstleistungsspektrum hinausgehen (so BaFin-Merkblatt ZAG v. 29.11.2017). Internetmarktplätze, die aber nach wie vor weder Waren noch Dienstleistungen eigenständig vertreiben, sondern lediglich einen Treffpunkt für Verkäufer und Käufer bereitstellen, können die Ausnahme weiterhin nicht für sich beanspruchen, wenn sie Zahlungsinstrumente ausgeben.
  • Ferner gilt künftig, dass regulierte und unregulierte Zahlungsinstrumente nicht mehr auf einem einzigen Träger kombiniert werden können. Unterschiedliche Zahlungsinstrumente müssen sich aus Transparenz- und Verbraucherschutzgründen nunmehr auf verschiedenen Trägern befinden, wobei es weiterhin zulässig bleibt, mehrere von der Ausnahme erfasste Zahlungsinstrumente auf einem Träger zusammenzufassen.
  • Alternative Zahlungsinstrumente, die nicht in den Anwendungsbereich der PSD2 fallen und auch nicht von der Legaldefinition des § 1 Abs. 20 ZAG erfasst sind, dürfen von zugelassenen Zahlungsdienstleistern bzw. E-Geld-Emittenten weiterhin herausgegeben werden. Dies aber nur unter der Voraussetzung, dass auf dem jeweiligen Träger deutlich erkennbar ist, dass es sich um ein unreguliertes Zahlungsinstrument handelt, das nicht unter dem besonderen Schutz der PSD2 steht.
  • Konkretisiert wird seitens der Aufsicht, dass auch bereits die Übertragung von Geldbeträgen auf ein Zahlungsinstrument durch Dritte einen erlaubnispflichtigen Zahlungsdienst darstellen kann. Hierdurch sollen wohl insbesondere Prepaid-Angebote aber auch wiederaufladbare Bezahlkarten erfasst werden. Offen bleibt aber, um welchen erlaubnispflichtigen Zahlungsdienst es sich gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 ZAG bei dem Befüllen einer Prepaidkarte handeln soll. Insbesondere dann, wenn dies im Rahmen einer vertraglichen Verpflichtung zum kartenausgebenden Unternehmen erfolgt.
Erneute Anzeigepflicht gemäß Art. 37 Abs. 2 PSD 2 | § 2 Abs. 2 ZAG bis zum 1. September 2022

Unternehmen, die die Bereichsausnahme für begrenzte Netze und sehr begrenzte Produktangebote im Zahlungsverkehr bereits in Anspruch nehmen und bei der BaFin registriert sind, müssen bis zum 1. September 2022 eine erneute Anzeige bei der BaFin einreichen.

Hintergrund ist, dass die Aufsicht künftig und damit anders als zur bisherigen Praxis für die Beurteilung der Erlaubnisfrage zusätzliche quantitative Angaben zum Geschäftsmodell, zum geografischen Gebiet des Netzes, die erwartete Zahl der jährlichen Zahlungsvorgänge, das erwartete Zahlungsvolumina und die Risiken, denen der Kunde bei Nutzung des Zahlungsinstruments ausgesetzt ist, von dem anzeigenden Unternehmen verlangen muss.

Wird die Frist seitens bereits registrierter Unternehmen nicht eingehalten, wird der Registereintrag des Unternehmens bei der BaFin mit Ablauf der Frist gelöscht bzw. im Falle einer verspäteten Neuanzeige als erstmalige Anzeige gewertet und entsprechend in einen separaten Prüfungsturnus eingereiht. Erst nach erfolgreich durchgeführter Prüfung durch die BaFin kann eine erneute Aufnahme in das Register erfolgen.

Die herkömmliche Abgabe einer Anzeige über Branchenverbände ist nicht mehr möglich. Die Anzeige muss von dem betroffenen Unternehmen selbst erfolgen.

Die unterbliebene, die nicht rechtzeitige, nicht richtige oder unvollständige Anzeige kann als Ordnungswidrigkeit nach § 64 Abs. 2 Nr. 1 ZAG geahndet werden.

Für betroffene Unternehmen besteht daher dringender Handlungsbedarf.

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Dr. Maik Kirchner

Dr. Maik Kirchner

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