Ein Kilometerleasingvertrag ohne Restwertgarantie ist keine Finanzierungshilfe i. S. d. § 506 BGB

Mit Urteil vom 29.10.2019, Az. 6 U 338/18, hat das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden und ausführlich begründet, dass ein Kilometerleasingvertrag, bei dem ein bestimmter Restwert nicht garantiert ist, keine Finanzierungshilfe i. S. d. § 506 BGB darstellt. Die Vorschrift ist nach Auffassung des zur Entscheidung berufenen 6. Senats auf solche Leasingverträge auch nicht analog anwendbar, so dass dem Leasingnehmer bei solchen Leasingverträgen kein gesetzliches Widerrufsrecht zusteht.

Sachverhalt

Der Leasingnehmer verlangte nach Abgabe einer Widerrufserklärung von der beklagten Leasinggesellschaft die Rückabwicklung seines Leasingvertrages über einen PKW. Bei dem streitgegenständlichen Leasingvertrag, den der Leasingnehmer als Verbraucher geschlossen hatte, handelt es sich um einen Kilometerleasingvertrag ohne Restwertgarantie und mit einer Vereinbarung zum Ausgleich von Mehr- und Minderkilometern. Die Vertragsurkunde enthielt eine Widerrufsinformation.

Entscheidungsinhalt

Das Oberlandesgericht legt in seiner Entscheidung wohl begründet dar, dass dem Kläger weder ein gesetzliches noch – trotz Beifügung einer Widerrufsinformation in der Vertragsurkunde – ein vertragliches Widerrufsrecht zustehe.

Dabei prüfte das Oberlandesgericht schulbuchmäßig unter Heranziehung der bekannten Auslegungskriterien, ob für ein gesetzliches Widerrufsrecht § 506 BGB i. V. m. § 495 Abs. 1 BGB direkt oder jedenfalls analog anwendbar ist.

Beides sei indes nicht der Fall. Der streitgegenständliche Kilometerleasingvertrag lasse sich nicht unter eine der Varianten des § 506 Abs. 2 BGB subsumieren und ein Rückgriff auf § 506 Abs. 1 BGB komme ebenfalls nicht in Betracht. Denn der Leasingnehmer sei weder zum Erwerb des streitgegenständlichen Fahrzeugs verpflichtet noch könne der Leasinggeber vom Leasingnehmer den Erwerb verlangen, wie es § 506 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 BGB voraussetze.

Auch § 506 Abs. 2 Nr. 3 BGB sei seinem eindeutigen Wortlaut nach nicht einschlägig, denn der Leasingnehmer habe bei Beendigung des vorliegenden Kilometerleasingvertrages – gerade begriffsbildend – nicht „für einen bestimmten Wert des Gegenstandes“ einzustehen. Ein Rückgriff auf § 506 Abs. 1 BGB sei nach der Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift ebenfalls versagt, da im Anschluss an die Verbraucherkreditrichtlinie in Abs. 2 der Vorschrift abschließend geregelt worden sei, welche Verbraucherverträge über die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes entgeltliche Finanzierungshilfen darstellen.

Eine analoge Anwendung des § 506 Abs. 2 BGB auf Kilometerleasingverträge komme mangels planwidriger Regelungslücke schon nicht in Betracht, da die im Wortlaut des § 506 Abs. 2 Nr. 3 BGB angelegte Differenzierung auf einer bewussten Entscheidung der Gesetzgebers beruhe.

Letztlich stehe dem Leasingnehmer auch kein vertragliches Widerrufsrecht zu, obgleich eine Widerrufsinformation in der Vertragsurkunde erteilt wurde. Dies deshalb nicht, da eine Widerrufsbelehrung, die, um eine vermeintliche gesetzliche Pflicht zu erfüllen oder rein vorsorglich erteilt werde, obwohl ein gesetzliches Widerrufsrecht nicht besteht, aus der maßgeblichen Sicht eines durchschnittlichen Kunden bei der gebotenen objektiven Auslegung nicht als Angebot auf Vereinbarung eines voraussetzungslosen vertraglichen Widerrufsrechts zu verstehen sei. Das Oberlandesgericht beruft sich mit diesem Rechtssatz auf eine Entscheidung des BGH vom 26.03.2019, Az. XI ZR 372/18, in der dieser über die Folgen einer (alten) Widerrufsbelehrung ohne Bestehen eines gesetzlichen Widerrufsrechts zu befinden hatte.

Zusammenfassung

Das Urteil des OLG Stuttgart ist zu begrüßen. Beim Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung steht der Leasingnehmer bei Beendigung des Vertrages für den Restwert nicht ein. Für den Leasingnehmer besteht keine Verpflichtung, die der Finanzierung des Erwerbs eines Gegenstands in irgendeiner Weise entspricht. Dass man für eine nicht vertragsgemäße Nutzung ersatzpflichtig ist, ist für Gebrauchsüberlassungsverträge eine typische Regelung. Aus Sicht des Leasingnehmers handelte es sich bei dem Kilometerleasingvertrag schlicht um einen Mietvertrag und nicht um eine Finanzierungshilfe i. S. d. § 506 BGB.

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Dr. Maik Kirchner

Dr. Maik Kirchner

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