OLG Hamm zum Schadenersatzanspruch nach Art. 82 DS-GVO bei Bagatellen

Eine unzulässige Speicherung im Rahmen der Arbeitsverwaltung begründet als solche nach Auffassung des OLG Hamm (Beschluss vom 19.12.2022 – 11 W 69/22) keinen immateriellen Schaden von mehr als 50,00 €.

Sachverhalt

Das OLG Hamm hatte sich in einem sofortigen Beschwerdeverfahren wegen versagter Prozesskostenhilfe mit den Erfolgsaussichten einer Schadenersatzklage wegen unzulässiger Datenspeicherung zu befassen. In dem zugrunde liegenden Sachverhalt hatte das Jobcenter im Jahr 2018 Personen- und Adressdaten des Klägers gespeichert, obwohl dieser keinen Antrag auf eine Leistung gestellt hatte. Nachdem der Kläger bereits im März 2020 die Löschung beantragt hatte, erfolgte diese erst am 18. März 2021.

Entscheidung des OLG Hamm

Das OLG Hamm prüft sowohl Amtshaftungsansprüche aus § 839 BGB wegen der Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung als auch einen Schadenersatzanspruch nach Art. 82 DS-GVO.

Einem Amtshaftungsanspruch stehe die Bagatellschwelle entgegen. Zu berücksichtigen sei, dass „nur“ eine unzulässige Speicherung des Namens und der Adresse des Klägers in einem überschaubaren Zeitraum von allenfalls drei Jahren infrage stehe. Eine darüber hinausgehende Verwendung der Daten, insbesondere die unzulässige Weitergabe an Dritte, sei nicht ersichtlich und fernliegend. Der Kläger sei durch den Verstoß deshalb nur geringfügig belastet.

Im Rahmen der DS-GVO sei zwar noch ungeklärt, ob immaterieller Schadenersatz zu versagen ist, wenn es an einer erheblichen Persönlichkeitsrechtsverletzung fehlt. Prozesskostenhilfe komme daher grundsätzlich in Betracht.

In dem vorgetragenen Sachverhalt sieht das OLG Hamm allerdings keinen Gesichtspunkt, der nach Art. 82 DS-GVO eine Schmerzensgeldzahlung von mehr als 50,00 € rechtfertigen könnte. Dies gelte auch dann, wenn man zugunsten des Klägers eine weite, europarechtliche Auslegung des Schadenbegriffes zugrunde legen würde, die neben einem individuellen Ausgleich wegen der Schutzgutverletzung eine den Verstoß feststellende Genugtuungsfunktion und letztendlich auch eine generalpräventive Einwirkung auf den Schädiger in die Betrachtung einbeziehe. Zu bewerten seien insoweit dieselben Gesichtspunkte wie im Rahmen der Amtshaftung.

Praxishinweis

Die Bewertung des OLG Hamm beruht letztendlich auf dem Umstand, dass das Jobcenter den Namen und die Anschrift des Klägers lediglich erfasst, im Übrigen aber nicht weiterverarbeitet hatte. Insbesondere wurden die Daten nicht an Dritte übermittelt. Die Einordnung als Bagatellschaden erscheint in einer solchen Konstellation unter Berücksichtigung der Gesamtumstände naheliegend. Fraglich ist allein, weshalb die Umsetzung der Löschverpflichtung rund ein Jahr in Anspruch genommen hat. Hierzu enthält der Beschluss leider keine Ausführungen. Dass das Gericht den Gesamtzeitraum der Datenspeicherung als „überschaubaren Zeitraum von allenfalls drei Jahren“ bezeichnet, spricht jedoch dafür, dass der Senat vorrangig auf die Gesamtdauer der Datenspeicherung abstellt und die Umsetzungsdauer der Löschverpflichtung nach Antragstellung des Klägers nicht gesondert als schadenerhöhend bewertet.

Quelle: OLG Hamm, Beschluss vom 19.12.2022 – 11 W 69/22

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Niklas Kinting

Niklas Kinting

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