Das Urteil des OLG Frankfurt vom 14.11.2024 – 6 U 188/24 – setzt sich mit dem überaus relevanten Erfordernis der Anspruchsberechtigung gem. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG auseinander.
Sachverhalt
In dem hiesigen Berufungsverfahren ging die Antragsgegnerin gegen eine wettbewerbsrechtliche einstweilige Unterlassungsverfügung im Zusammenhang mit der Herstellung und dem Vertrieb von Arzneimitteln, insbesondere zur Behandlung von bei Kindern auftretenden Tumoren, vor. Die Antragsgegnerin bringt in Deutschland Arzneimittel zur Behandlung solcher Tumorerkrankungen ohne behördliche Zulassung in den Verkehr, während sich die Antragstellerin mit ihren Arzneimitteln zur Behandlung derartiger Erkrankungen noch in der klinischen Prüfphase befindet.
Das LG bejahte dennoch die Aktivlegitimation der Antragstellerin. Einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zwischen den Parteien stehe nicht entgegen, dass die Antragstellerin die Wirkstoffe derzeit noch klinisch prüfen lasse. Mit ihrer Berufung wendet sich die Antragsgegnerin gegen die Unterlassungsverfügung und stützt sich zur Begründung u. a. auf das Fehlen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses.
Entscheidung
Die zulässige Berufung der Antragsgegnerin hatte in der Sache Erfolg.
Ungeachtet etwaiger arzneimittel-rechtlicher Fragen ging das OLG Frankfurt davon aus, dass es bereits an der erforderlichen Mitbewerberstellung der Antragstellerin gem. §§ 8 Abs. 3 Nr. 1, 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG und mithin an deren Aktivlegitimation fehlt.
Anknüpfend an die Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG sei von einem konkreten Wettbewerbsverhältnis auszugehen, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchten und daher das Wettbewerbsverhalten des einen den anderen behindern oder stören könne (enger Mitbewerberbegriff). Da jedoch im Interesse eines wirksamen lauterkeitsrechtlichen Individualschutzes grundsätzlich keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines konkreten Wettbewerbsverhältnisses zu stellen seien, reiche für die Annahme eines solchen Wettbewerbsverhältnisses auch aus, dass sich der Verletzer durch seine Verletzungshandlung im konkreten Fall in irgendeiner Weise in Wettbewerb zu dem Betroffenen stelle. Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis sei demnach bereits dann anzunehmen, wenn zwischen den Vorteilen, die die eine Partei durch eine Maßnahme für ihr Unternehmen oder das Dritter zu erreichen suche, und den Nachteilen, die die andere Partei dadurch erleide, eine Wechselwirkung in dem Sinne bestehe, dass der eigene Wettbewerb gefördert und der fremde Wettbewerb beeinträchtigt werden könne. Eine bloße Beeinträchtigung reiche zur Begründung eines Wettbewerbsverhältnisses allerdings nicht aus, wenn es an jeglichem Konkurrenzmoment im Angebots- oder Nachfragewettbewerb fehle.
Im hiesigen Fall handele es sich bei der Antragstellerin lediglich um eine potenzielle Mitbewerberin der Antragsgegnerin, deren Stellung zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht ausreichend sei, um die erforderliche Wechselwirkung bzw. das konkrete Wettbewerbsverhältnis i. S. d. § 2 Abs. 1 Nr. 4 UWG zu begründen. Die Antragstellerin befinde sich mit ihren Arzneimitteln noch in der Prüfphase. Mithin hänge der beabsichtigte Eintritt in den Markt zum Entscheidungszeitpunkt noch von einer Vielzahl von Faktoren ab, die die Antragstellerin zwar zum Teil selbst bestimmen könne (etwa die Einleitung des Zulassungsverfahrens oder die tatsächliche Aufnahme des Arzneimittelvertriebs), zum Teil allerdings auch nicht (insbesondere den Erfolg der Prüfphasen und die behördliche Zulassungsentscheidung).
Fazit
Im Hinblick auf die Anerkennung eines nur „potenziellen Wettbewerbsverhältnisses“ führt das OLG Frankfurt aus, dass insoweit die Gefahr einer uferlosen Ausweitung der Anspruchsberechtigung i. S. d. § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG bestünde. Entsprechend verneinte das OLG Frankfurt die Aktivlegitimation der Antragstellerin.