OLG Frankfurt – Bemessung des Streitwertes bei unlauterer Nachahmung

Mit Beschluss vom 02.02.2024 – Az. 6 W 111/23 – entschied das OLG Frankfurt über eine Streitwertbeschwerde der Antragsgegnerin und äußerte sich in diesem Zusammenhang zu den Anforderungen an die Bemessung des Streitwertes.

Sachverhalt

Die Antragstellerin stellt sog. Pilotuhren her und vertreibt diese Uhren unter der Marke „IWC“. Die Antragsgegnerin vertreibt in ihrem Geschäftslokal sowie über ihre Internetseite ebenfalls Uhren und Schmuck. Im März 2023 bot sie die Uhr „Festina Modell1“ zum Preis von 1.200 Euro und bei Verwendung eines Gutscheincodes für 1.083 Euro an. Die Uhren erhielt die Antragsgegnerin von einer Zulieferin.

Nach Auffassung der Antragstellerin handelt es sich um eine nahezu identische Nachahmung ihrer Uhr. Entsprechend mahnte sie die Antragsgegnerin wegen vermeidbarer Herkunftstäuschung gemäß § 4 Nr. 3 a) UWG ab und forderte diese unter Fristsetzung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung auf. Dieser Abmahnung legte die Antragstellerin einen Gegenstandswert von 500.000 Euro zugrunde. Daraufhin teilte die Antragsgegnerin mit, dass der angesetzte Streitwert deutlich überhöht sei. Stattdessen legte sie einen Wert von 50.000 Euro zugrunde.

Im Wege einer einstweiligen Verfügung im Mai 2023 untersagte das Landgericht Frankfurt der Antragsgegnerin unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel wegen Verstoßes gegen § 4 Nr. 3 b) UWG antragsgemäß, im geschäftlichen Verkehr in Deutschland zu Zwecken des Wettbewerbs die konkret abgebildete(n) Uhr(en) des Herstellers „FESTINA“ (unabhängig von der farblichen Gestaltung) anzubieten und/oder zu bewerben und/oder zu vertreiben. Den Streitwert hatte es entsprechend der Angabe in der Antragsschrift auf 200.000 Euro festgesetzt.

Mit ihrer anschließenden Beschwerde beantragte die Antragsgegnerin den Streitwert auf höchstens 10.000 Euro herabzusetzen. Das Landgericht Frankfurt half der Streitwertbeschwerde nicht ab und legte die Sache dem Oberlandesgericht Frankfurt zur Entscheidung vor.

Entscheidung

Die statthafte und auch im Übrigen zulässige Streitwertbeschwerde der Antragsgegnerin hatte in der Sache keinen Erfolg. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt hatte das Landgericht Frankfurt den Streitwert zu Recht und mit zutreffender Begründung auf 200.000 Euro festgesetzt.

Maßgeblich für die Bestimmung des Gebührenstreitwerts in Verfahren über Ansprüche nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb sind die Bestimmungen des § 51 Abs. 2 bis 4 GKG. Gemäß der Regelung des § 51 Abs. 2 GKG ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Entscheidend ist bei Unterlassungsanträgen mithin das Interesse des Klägers an der Unterbindung weiterer gleichartiger Verstöße unter Berücksichtigung der Art des Verstoßes und dessen Gefährlichkeit sowie Schädlichkeit.

Zu beachten ist ferner, dass ausweislich der Regelung des § 51 Abs. 4 GKG der sich aus § 51 Abs. 2 und 3 GKG ergebende Wert im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in der Regel angesichts der geringeren Bedeutung gegenüber der Hauptsache zu reduzieren ist. Da der einstweilige Rechtsschutz in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten vielfach zu einer abschließenden Erledigung des Rechtsstreits führt, kann es jedoch im Einzelfall sachgerecht sein den Streitwert nicht zu ermäßigen.

Ausgehend von diesen Anforderungen habe das Landgericht Frankfurt das Interesse der Antragstellerin am Erlass der einstweiligen Verfügung mit 200.000 Euro nicht zu hoch bemessen. Ferner habe das Landgericht Frankfurt zutreffend eine Streitwertherabsetzung gemäß § 51 Abs. 3 GKG abgelehnt. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die dem Verfahren zugrundeliegende Zuwiderhandlung angesichts ihrer Art, ihres Ausmaßes und ihrer Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern oder sonstigen Marktteilnehmern im Sinne von § 51 Abs. 3 Satz 3 GKG in nur unerheblichem Maße beeinträchtige und daher von dem Auffangstreitwert in Höhe von 1.000 Euro auszugehen wäre. Gegen eine unerhebliche Beeinträchtigung spreche bereits die große Reichweite eines Vertriebs per eigenem Onlineshop sowie die attraktive Angebots- und Preisgestaltung. Im Übrigen bestehe auch kein Anlass den Streitwert nach § 51 Abs. 3 Satz 1 GKG angemessen zu mindern.

Der Umstand, dass die Antragsgegnerin ein kleines Familienunternehmen in einem 8000 Einwohner-Ort im Erzgebirge sei, das letztlich keine einzige Uhr verkauft habe, führe nicht zu einer anderen Bewertung, da nicht ersichtlich sei, dass die Antragsgegnerin ursprünglich nur eine äußerst geringe Stückzahl hätte vertreiben wollen. Der fehlende wirtschaftliche Erfolg könne nicht darauf hindeuten, dass die Sache für die Antragsgegnerin trotz des hohen Angebotspreises allenfalls äußerst geringe wirtschaftliche Bedeutung hätte.

Insgesamt sei der Streitwert folglich ermessenfehlerfrei und zutreffend gemäß § 51 Abs. 2 und 4 GKG vom Landgericht Frankfurt auf 200.000 Euro festgesetzt worden.

Fazit

Ausweislich der Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt ist der Streitwertangabe des Klägers zu Beginn des Verfahrens von erheblicher indizieller Bedeutung. Des Weiteren hebt die Entscheidung hervor, dass es auf die Gefährlichkeit einer Verletzungshandlung ankommt und seitens des Verletzers vorgebrachte geringe Umsätze und Stückzahlen keine pauschale Herabsetzung des Streitwertes rechtfertigen.

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Steffen Weinberg, LL.M.

Steffen Weinberg, LL.M.

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