OLG Frankfurt am Main – Modellbezeichnung als Markenverletzung

Das OLG Frankfurt a. M. beschloss am 9. Februar 2021 (Az: 6 W 10/21), dass das Werbeangebot für Oberbekleidung, nämlich „Barbour Heritage – Steppjacke mit Druckknöpfen Modell ,Sam´-Olivgrün“, nicht die Marke „Sam“ des Gegners verletze. Diese Entscheidung reiht sich ein in eine lange Rechtsprechungsfolge zu Modellbezeichnungen als markenmäßige Benutzung im Bekleidungsbereich und gibt Bekleidungsherstellern weitere Sicherheit und Leitlinie bei der Auszeichnung ihrer Angebote.

Hintergrund

Insbesondere im Modebereich werden Kleidungsstücke mit klangvollen Modellbezeichnungen betitelt, da die schnöden Auszeichnungen als „Tshirt lang“ oder „kurzes Top“ weder zweckmäßig noch zeitgemäß für Lifestyle-Produkte anmuten. Aus Sicht der Rechtsprechung ist jedoch die Bezeichnung eines Bekleidungsstücks mit Modellnamen wie „Sam“ oder „Gabby“ nicht per se eine ausschließlich funktionale Beschreibung. Denn der durchschnittliche Verkehr verstehe – je nach den Umständen der Darstellung – die Bezeichnung als Herkunftshinweis für das Produkt, also als eine Marke.

Diese markenmäßige Benutzung ist eine Voraussetzung für die Geltendmachung markenrechtlicher Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche durch Markeninhaber. Ein Markeninhaber, beispielsweise für die Wortmarke „Sam“, eingetragen für Bekleidungsstücke, kann grundsätzlich fordern, die Bezeichnung von Bekleidungsstücken mit „Sam“ zu unterlassen, sofern die konkrete Auszeichnung des Angebots eine markenmäßige Benutzung darstellt. Eine Benutzung als Marke liegt vor, wenn ein nicht unerheblicher Teil des angesprochenen Verkehrs in einem Zeichen den Hinweis auf die Herkunft einer Ware oder Dienstleistung aus einem bestimmten Unternehmen sieht. Eine solche markenmäßige Benutzung setzt voraus, dass die Bezeichnung im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen dient und folglich die Herkunftshinweisfunktion der Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 24. 11. 2011 – I ZR 175/09 Medusa, Rn.17). Fraglich kann im Einzelfall sein, inwieweit bestimmte Typen-, Modell- oder Sortenbezeichnungen als Herkunftshinweis verstanden werden. Dies beurteilt sich nach den Kennzeichnungsgewohnheiten in dem maßgeblichen Warensektor.

Entscheidung

In ihrem Onlineshop bewarb die Antragsgegnerin eine „Barbour Heritage – Steppjacke mit Druckknöpfen Modell ,Sam´-Olivgrün“. Die Inhaberin der Marke „Sam“ beantragte eine Unterlassungsverfügung vor dem Landgericht gegen diese Benutzung des Zeichens „Sam“. Gegen die Zurückweisung ihres Antrags wandte sie sich an das OLG Frankfurt a. M. mit ihrer Beschwerde, das ihr ebenfalls kein recht gab. Denn laut beider Instanzen fehle es beim vorliegenden Angebot des Steppjacken-Modells bereits an einer markenmäßigen Benutzung des Zeichens „Sam“.

Bei der konkreten Art der Gestaltung erkenne der angesprochene Verkehr, dass „Sam“ das konkrete Kleidungsmodell bezeichnen soll, während „Barbour“ als Dachzeichen für eine ganze Modellreihe stehe. Der Verbraucher verstehe im vorliegenden Fall das Zeichen „Sam“ auch nicht als Zweitmarke, obwohl der Verkehr allgemein im Bekleidungssektor an Zweitmarken gewöhnt sei. Mangels markentypischer Hervorhebung gehe der Verkehr nicht davon aus, dass die Bezeichnung „Sam“ neben der Dachmarke eingesetzt werde, um das konkrete Jackenmodell zusätzlich der Herkunft nach zu kennzeichnen. Die Modellbezeichnung nehme weder am Blickfang teil noch sei sie anderweitig hervorgehoben.

Sie reihe sich vielmehr in eine zahlreiche Informationen enthaltende Unterüberschrift ein. Der Zusammenhang zu dem Dachzeichen werde vorliegend durch den eingeschobenen Beschreibungstext ((…) Heritage – Steppjacke mit Druckköpfen Modell (…) – Olivgrün“) inhaltlich aufgehoben. Ein Verständnis als Zweitmarke lasse sich bei dieser Sachlage nicht hinreichend sicher feststellen.

Das OLG Frankfurt betont jedoch, dass möglicherweise anders zu entscheiden gewesen wäre, wenn „Sam“ in Großbuchstaben oder durch Fettdruck hervorgehoben gewesen wäre.

Bedeutung für die Praxis

Ob die Modellbezeichnung in einem Online-Angebot eine markenmäßige Benutzung darstellt, beurteilt sich einzelfallabhängig nach den Kennzeichnungsgewohnheiten der Branche und der Verkehrsauffassung. Im Anschluss an die BGH-Entscheidung „Damen Hose MO“ (BGH Urteil vom 11. 4. 2019 – I ZR 108/18) entschied das OLG Frankfurt a. M. (Urteil vom 13.8.2020 – 6 U 94/17) in Umsetzung der Revisionsentscheidung noch, dass das Zeichen „MO“ in „Bench Damen Hose MO“ in der Unterzeile eines Angebots vom Verkehr als Herkunftshinweis verstanden wird. Die neue Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. bietet somit einen weiteren Orientierungspunkt für die Praxis, inwiefern Bekleidungsmodelle online mit verringertem Risiko ausgezeichnet werden können.

Rechtsanwältin Lucie Ludwig
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Lucie Ludwig, LL.B. (Köln-Paris1)

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