OLG Düsseldorf: Erreichung eines im Patentanspruch angegeben Zwecks durch Ausbildung eines bestimmten Vorrichtungsbestandteils

Das OLG Düsseldorf hatte sich in einem Patentverletzungsverfahren mit einem Patentanspruch zu befassen, der in einem Anspruchsmerkmal einen Zweck benennt, der nach den Vorgaben des Patentanspruchs durch die Ausbildung eines bestimmten Vorrichtungsbestandteils – im konkreten Fall: der Kühl-/Schmiermittelkanäle – erfüllt werden soll (OLG Düsseldorf, Urteil v. 04.04.2024, Az. 2 U 72/23 – Spanabhebendes Werkzeug).

Das Klagepatent betrifft ein drehantreibbares spanabhebendes Werkzeug, wie z. B. eine Reibahle, mit integrierter Kühl-/Schmiermittelversorgung. Hinsichtlich der Kühl-/Schmiermittelkanäle enthält Patentanspruch 1 u. a. das Merkmal, diese „sind derart ausgebildet, dass aus den Austrittsöffnungen (42) des Einspannabschnitts (22; 122; 222) austretendes Kühl-/Schmiermittel entlang des Schafts (26) in einem freien Strahl ohne radial außenliegende Begrenzung in jeweils eine zugeordnete Spannut (30) des Schneidteils (24) einspeisbar ist.

Das OLG Düsseldorf kam zu dem Schluss, dass die angegriffenen Ausführungsformen dieses Merkmal nicht verwirklichen, es fehle bereits an der erforderlichen konstruktiven Ausgestaltung der Kühl-/Schmiermittelkanäle. Anders als bei einer bloßen Zweck- oder Funktionsangabe werde mit diesem Merkmal explizit eine räumlich-körperliche Vorgabe an einen bestimmten Bestandteil des beanspruchten Werkzeugs gestellt, nämlich an dessen Kühl-/Schmiermittelkanäle. Diese müssten so ausgebildet sein, dass sie im Betrieb des Werkzeugs die im Merkmal näher beschriebene Einspeisbarkeit gewährleisten könnten.

Das Klagepatent befasse sich mit zwei möglichen Ausgestaltungen, um insbesondere die Vorgaben dieses Merkmals erfüllen zu können: Die Kühl-/Schmiermittelkanäle und die jeweils zugeordneten Spannuten könnten – erstens – in der axialen Projektion (vollständig) überlappen und somit beispielsweise in axialer Richtung fluchten, was sowohl in radialer Richtung als auch in Umfangsrichtung eine entsprechende Positionierung von Kühl-/Schmiermittelkanälen und Spannuten voraussetze. Die Kühl-/Schmiermittelkanäle könnten – zweitens – bei einem deutlichen Versatz zwischen Kanälen und Spannuten unter einem Anstellwinkel zu den jeweils zugeordneten Spannuten angeordnet sein, sodass ungeachtet des radialen Versatzes jeder Strahl die zugeordnete Spannut treffe. In beiden Fällen sei es wesentlich, dass eine gedachte Verlängerung der Kühl-/Schmiermittelkanäle über den dazwischenliegenden Schaftabschnitt hinweg im Wesentlichen mit den Spannuten fluchte.

Zwar hätten die im Klagepatent beschriebenen konkreten Ausgestaltungen im Anspruch keinen Niederschlag gefunden. Nachdem aber die Anforderungen des Merkmals gerade durch die räumlich-körperliche Ausgestaltung der Kühl-/Schmiermittelkanäle erfüllt werden sollten, sei allerdings eine solche – die Erfüllung der Vorgaben des Merkmals gewährleistende – Ausbildung erforderlich, d. h. eine räumlich-körperliche Ausgestaltung, bei der eine gedachte Verlängerung der Kühl-/Schmiermittelkanäle über den dazwischenliegenden Schaftabschnitt hinweg im Wesentlichen mit den Spannuten fluchte. Vor diesem Hintergrund könne zwar, soweit Kühl-/Schmiermittelkanäle und Spannuten in axialer Richtung nur teilweise überlappten, grundsätzlich auch auf anderem Wege als durch die Ausbildung eines Anstellwinkels sichergestellt werden, dass eine gedachte Verlängerung der Kanäle im Wesentlichen mit den Spannuten fluchtet. Nicht anspruchsgemäß sei aber jedenfalls eine Ausbildung, bei er es sowohl vollständig an einer Überschneidung der Austrittsöffnungen der Kühl-/Schmiermittelkanäle und der jeweils zugeordneten Spannuten in radialer Richtung als auch an jeglichen sonstigen Maßnahmen bei der Ausbildung der Kühl-/Schmiermittelkanäle fehle, welche den Austritt der Strahlen in Richtung einer gedachten Flucht mit den Spannuten sicherstelle.

Amtlicher Leitsatz des OLG Düsseldorf

Soll der in einem Anspruchsmerkmal genannte Zweck nach den Vorgaben des Anspruchs durch die Ausbildung eines bestimmten Vorrichtungsbestandteils (hier: der Kühl-/Schmiermittelkanäle) erfüllt werden, muss sich – auch wenn die hierfür möglichen Ausgestaltungen des Bestandteils im Patent nur beispielhaft beschrieben werden – eine die Erfüllung der Vorgaben gewährleistende Ausbildung eben dieses Bestandteils feststellen lassen. Für die Darlegung einer Merkmalsverwirklichung reicht es daher nicht aus, den Eintritt des erstrebten Erfolgs und damit die objektive Eignung der Vorrichtung als solche aufzuzeigen. Der Vortrag muss sich vielmehr auch zu der räumlich-körperlichen Ausbildung des im Anspruch genannten Vorrichtungsbestandteils und zu der durch diese Ausgestaltung bewirkten Eignung zur Erzielung des erstrebten Erfolgs verhalten.

(OLG Düsseldorf, Urteil v. 04.04.2024, Az. 2 U 72/23 – Spanabhebendes Werkzeug)

Zurück
Franziska Anneken

Franziska Anneken

ZUM PROFIL