Negative Bewertungen auf Bewertungsportalen: Zur Zulässigkeit einer Auskunft des Diensteanbieters über personenbezogene Daten des Nutzers

Das OLG Celle konkretisiert in einer aktuellen Entscheidung die Voraussetzungen, unter denen Plattformbetreiber die Bestandsdaten der Nutzer herauszugeben haben (OLG Celle, Beschluss vom 07.12.2020 – 13 W 80/20).

Bewertungen auf Bewertungsplattformen wie beispielsweise kununu, yelp oder jameda werden für Unternehmen immer wichtiger. Potentielle Kunden, Geschäftspartner oder aber auch zukünftige Arbeitnehmer erkundigen sich auf diesen Plattformen, bevor sie entscheiden, ob sie Kontakt aufnehmen. Negative Bewertungen können daher erhebliche Nachteile im Wettbewerbsumfeld mit sich bringen. Da die Bewerter ihre Äußerungen in der Regel anonym oder unter Pseudonymen veröffentlichen, ist es für das bewertete Unternehmen meist sehr schwierig, den Inhalt zu überprüfen und gegen den Verfasser vorzugehen, u. a. auch, weil die Plattformbetreiber in der Regel die Herausgabe der Bestands- und Nutzungsdaten des Verfassers ablehnen.

Mit der Regelung des § 14 Abs. 3 TMG darf der Diensteanbieter – vorliegend also der Betreiber der Plattform – im Einzelfall Auskunft über bei ihm vorhandene Bestandsdaten erteilen, soweit dies zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche wegen der Verletzung absolut geschützter Rechte aufgrund rechtswidriger Inhalte die von § 10a Abs. 1 dieses Gesetzes oder § 1 Abs. 3 des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) erfasst werden, erforderlich ist.

In dem vom OLG Celle zu entscheidenden Fall ging es um zwei negative anonyme Bewertungen eines IT-Unternehmens auf einer Plattform zur Bewertung von Arbeitgebern. Diese enthielten diverse Behauptungen zu (ausbleibenden oder verspäteten) Gehaltszahlungen, u. a. „Gehalt kommt nicht pünktlich, Telefone gesperrt wegen offener Rechnungen“; „kein pünktliches Gehalt, zeitweise gar kein Gehalt“ und „betriebliche Rentenversicherung abgezogen aber nicht an die Versicherung gegeben“.

Das Unternehmen begehrte von der Plattformbetreiberin Auskunft über die Identität des bzw. der Verfasser und führte aus, dass die behaupteten Tatsachen unwahr seien. Das Auskunftsbegehren wurde von der Plattformbetreiberin abgelehnt, da die streitgegenständlichen Äußerungen ihrer Auffassung nach nicht die Schwelle der strafbaren Ehrverletzung überschritten und die reine Behauptung der Unrichtigkeit der Tatsachenäußerungen nicht ausreichen würde.

Das Landgericht gab dem Antrag des Unternehmens statt, das Oberlandesgericht änderte den Beschluss des Landgerichts teilweise ab, da es den Auskunftsanspruch lediglich in Bezug auf eine der Bewertungen als begründet ansah. Entscheidend war für das Gericht insoweit, ob die jeweiligen Aussagen eine Straftat darstellten – die Äußerungen, die Antragstellerin zahle teilweise kein Gehalt bzw. – wenn Angestellte das Gespräch suchten – nur 10 % des vereinbarten Gehalts, stellten nach Auffassung der Kammer Tatsachenbehauptungen dar, welche geeignet sind, den Kredit des bewerteten Unternehmens zu gefährden und erfüllten damit den Tatbestand der Kreditgefährdung gem. § 187 Alt. 3 StGB. Schutzgut dieses Tatbestandes sei nicht die persönliche Ehre, sondern das Vermögen, so dass auch Tathandlungen erfasst seien, die sich gegen juristische Personen und Wirtschaftsunternehmen richten. Voraussetzung sei insoweit die Eignung der Äußerung, das Vertrauen in die Fähigkeit oder in die Bereitschaft des Betroffenen zur Erfüllung vermögensrechtlicher Verbindlichkeiten zu erschüttern.

Soweit die Äußerungen den Tatbestand der Kreditgefährdung nach § 187 Alt. 3 StGB erfüllen, verletzten sie sowohl das Unternehmenspersönlichkeitsrecht des bewerteten Unternehmens als auch dessen Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb, mithin absolut geschützte Rechte i. S. d. § 14 Abs. 3 TMG. Nicht erforderlich ist nach Auffassung des Gerichts über die Verletzung der in § 1 Abs. 3 NetzDG in Bezug genommenen strafrechtlichen Tatbestände hinaus, dass eine besonders schwerwiegende Rechtsgutsverletzung vorläge, etwa die Grenze zur Hasskriminalität überschritten wäre. Schon die Beschränkung des Anwendungsbereichs von § 14 Abs. 3 TMG auf Fälle strafrechtlich relevanter Verletzungen absolut geschützter Rechte würde dem gesetzgeberischen Anliegen einer Beschränkung auf schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzungen hinreichend Rechnung tragen. Unerheblich sei daher, dass die vorliegend betroffenen Rechtsgüter selbst nicht Schutzgüter des bereits das Vermögen als solches schützenden Tatbestandes der Kreditgefährdung seien. Einen entsprechenden funktionalen Zusammenhang setze § 14 Abs. 3 TMG nicht voraus.

Die Entscheidung stärkt damit die Möglichkeiten von Unternehmen, gegen negative Bewertungen vorzugehen und insbesondere auch deren Verfasser direkt in Anspruch zu nehmen. Der Erfolg eines Vorgehens hängt jedoch stets von den konkreten Inhalten der jeweiligen Bewertung ab und ist somit einzelfallabhängig.

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Britta Iris Lissner, LL.M.

Britta Iris Lissner, LL.M.

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