Keine Nachahmung der ikonischen Gestaltung der Granini-Flaschen

Das Oberlandgericht Hamburg hat mit Urteil vom 31.08.2022 – 5 U 60/22 entschieden, dass die angegriffenen Saftflaschen, die eine große Supermarktkette unter der Eigenmarke „albi“ vertreibt, keine Nachahmung der bekannten Granini-Saftflaschen darstellen.

SACHVERHALT

Die Antragstellerinnen der Granini-Gruppe machten gegenüber den Unternehmen der Edeka-Gruppe marken-, design- und wettbewerbsrechtliche Ansprüche wegen des Angebots von Säften der Marke „albi“ geltend, die in Edeka-Supermärkten in folgender Form vertrieben werden:

Die Antragstellerinnen trugen vor, dass nach der Auflistung der Granini-Säfte durch die Edeka-Gruppe, diese nun nahezu identisch gestaltete Saftflaschen unter der Eigenmarke „albi“ in den gleichen Geschmacksrichtungen herstelle und anbiete. Das Design der albi-Säfte übernehme die besondere Form der seit 1969 unverändert vertriebenen Granini-Saftflasche, die auch durch dreidimensionale Marken geschützt sei. Diese sei mit ihrer bauchigen Flaschenform und den Einkerbungen („Grübchen“) an der Geometrie und der Schalenaußenseite einer Ananas orientiert, vgl. Abbildung:

Das LG Hamburg erließ die durch die Granini-Gruppe beantragte einstweilige Verfügung und wies den Widerspruch dagegen zurück. Es bejahte eine unlautere Nachahmung und eine Markenverletzung (vgl. Newsletterbeitrag zur Vorinstanz https://www.cbh.de/news/marken-und-wettbewerbsrecht-streit-um-ikonische-gestaltung-der-granini-flaschen/

ENTSCHEIDUNG

Das Oberlandesgericht hob die Verfügung wieder auf und lehnte die Ansprüche der Granini-Gruppe ab.

Es lägen bereits keine Ansprüche aus wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz mangels vermeidbarer Herkunftstäuschung gemäß § 4 Nr. 3 lit. a UWG vor. Auch wenn die Granini-Flaschen über eine hohe wettbewerbliche Eigenart verfügten, würden die angegriffenen „albi“-Flaschen einen anderen Gesamteindruck vermitteln. Die „albi“-Flaschen übernähmen auch nicht die besondere, bauchige Form mit den Grübchen einer Ananas. Vielmehr weisen die „albi“-Säfte ein florales eingeprägtes Muster und eine andere Proportionierung auf. Darüber hinaus würde die auffällige Kennzeichnung der Säfte mit der ebenfalls auf dem Markt bekannten Marke „albi“ aus einer eventuellen Herkunftstäuschung wieder herausführen.

Auch markenrechtliche Ansprüche aus den vorgebrachten dreidimensionalen Marken der Granini-Gruppe bestünden nicht. Es liege bereits keine hinreichende Zeichenähnlichkeit vor; dies folge bereits aus den Erwägungen hinsichtlich der fehlenden wettbewerbsrechtlichen Herkunftstäuschung. Aus diesem Grund hat das Gericht leider auch die aufgeworfene und spannende Frage, ob der Verkehr überhaupt die Flaschengestaltung als Hinweis auf ein Unternehmen auffasse, offengelassen.

FAZIT

Der wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz ist ein Instrument mit einer Vielzahl von Tatbestandsmerkmalen, die in Wechselwirkung zueinander gerichtlich gewichtet werden. Diese normative Wertung der einzelnen Tatbestandsmerkmale kann, wie beispielsweise in vorliegendem Fall, je nach Gericht dramatisch anders ausfallen. Das Oberlandesgericht Hamburg stellt sich im Gegensatz zur Vorinstanz auf den Standpunkt, dass die „Albi“-Flasche keine nachschaffende Übernahme der Granini-Flasche darstelle und hielt auch die durch die Granini-Gruppe vorgelegten demoskopischen Verkehrsgutachten in Bezug auf die diskutierten Rechtsfragen für unergiebig.