Mit seiner Entscheidung „Sony vs. Datel“ vom 17.10.2024 – C-159/23 – hat der EuGH in einem Vorlageverfahren über die urheberrechtliche Zulässigkeit von „Cheat-Software“ entschieden.
Sachverhalt
Hintergrund des Vorlageverfahrens ist ein Rechtsstreit zwischen der Sony Computer Entertainment Europe Ltd (nachfolgend „Sony“) auf der einen Seite und der Datel Design and Development Ltd, der Datel Direct Ltd (nachfolgend „Datel“) sowie ihrem Geschäftsführer auf der anderen Seite.
Im Ausgangsverfahren wurde seitens Sony geltend gemacht, dass ein Benutzer mittels der Geräte und der Software von Datel die dem fraglichen Spiel „MotorStorm: „Arctic Edge“ zugrunde liegende Software in urheberrechtlich unzulässiger Weise umarbeite. Insoweit beantragte Sony u. a. die Unterlassung des Vertriebs etwaiger Geräte und Software von Datel sowie den Ersatz des Schadens, der ihr entstanden sei.
Das Landgericht Hamburg gab den Anträgen von Sony teilweise statt. Nachfolgend wurde das Urteil allerdings in der Berufungsinstanz vom Oberlandesgericht Hamburg dahin gehend abgeändert, dass die Klage von Sony in vollem Umfang abgewiesen wurde.
Der mit der Revision befasste BGH geht davon aus, dass die Entscheidung über die Revision davon abhänge, ob die Verwendung der Software von Datel das ausschließliche Recht zur Umarbeitung eines Computerprogramms, dessen Rechtsinhaberin Sony sei, im Sinne von § 69c Nr. 2 UrhG verletze. Die Anwendung dieser Bestimmung im hiesigen Ausgangsrechtsstreit sei jedoch abhängig von der Auslegung der Art. 1 Abs. 1 bis 3 und Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2009/24. Der BGH entschloss sich daher, das Verfahren auszusetzen und reichte ein Vorabentscheidungsersuchen gemäß Art. 267 AEUV beim EuGH ein, um die nachstehenden Fragen zu klären.
Vorlagefragen
- Wird in den Schutzbereich eines Computerprogramms nach Art. 1 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2009/24 eingegriffen, wenn nicht der Objekt- oder Quellcode eines Computerprogramms oder dessen Vervielfältigung verändert wird, sondern ein gleichzeitig mit dem geschützten Computerprogramm ablaufendes anderes Programm den Inhalt von Variablen verändert, die das geschützte Computerprogramm im Arbeitsspeicher angelegt hat und im Ablauf des Programms verwendet?
- Liegt eine Umarbeitung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2009/24 vor, wenn nicht der Objekt- oder Quellcode eines Computerprogramms oder dessen Vervielfältigung verändert wird, sondern ein gleichzeitig mit dem geschützten Computerprogramm ablaufendes anderes Programm den Inhalt von Variablen verändert, die das geschützte Computerprogramm im Arbeitsspeicher angelegt hat und im Ablauf des Programms verwendet?
Entscheidung
Im vorliegenden Fall wies das vorlegende Gericht darauf hin, dass die Software von Datel vom Benutzer auf einer Konsole namens PlayStationPortable (PSP) installiert werde und gleichzeitig mit der Spielsoftware ablaufe. Sie verändere oder vervielfältige weder den Objekt- noch den Quellcode noch die innere Struktur und Organisation der auf der Konsole eingesetzten Software von Sony, sondern beschränke sich darauf, den Inhalt von Variablen, die die Computerspiele von Sony vorübergehend im Arbeitsspeicher der Konsole angelegt hätten und während des Ablaufs des Spiels verwendeten, zu verändern, sodass es auf Basis dieses veränderten Inhalts der Variablen ablaufe.
Nach alledem sei auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 1 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2009/24 dahin auszulegen sei, dass der durch diese Richtlinie gewährte Schutz nicht den Inhalt von variablen Daten erfasse, die ein geschütztes Computerprogramm im Arbeitsspeicher eines Computers angelegt habe und im Ablauf des Programms verwende, soweit dieser Inhalt nicht die Vervielfältigung oder spätere Entstehung eines solchen Programms ermögliche.
Die zweite Vorlagefrage war aus Sicht des EuGH angesichts der Antwort auf die erste Frage nicht mehr zu beantworten.
Fazit
Ausweislich des Urteils des Gerichtshofs ist für die Beurteilung eines Rechtseingriffs insbesondere die technische Ausgestaltung maßgeblich, namentlich ob lediglich eine vorübergehende Modifizierung von variablen Daten im Arbeitsspeicher erfolgt oder etwa der Quellcode betroffen ist. Seitens des EuGH wird ferner klargestellt, dass die Funktionalität eines Computerprogramms keine Ausdrucksform im Sinne der Richtlinie 2009/24 ist.