Das Bundespatentgericht hat sich mit der Frage befasst, ob eine nicht der Bestimmung des § 6 Abs. 5 Satz 6 PatV entsprechende Schriftgröße der Patentanmeldeunterlagen eine Zurückweisung der Anmeldung (§ 42 Abs. 1 und 3 PatG) rechtfertigen kann (BPatG, Beschl. v. 18.11.2024, Az. 19 W (pat) 23/24 – Schalteinrichtung).
§ 6 Abs. 5 Satz 6 PatV fordert für die Texte der Anmeldeunterlagen (Patentansprüche, Beschreibung und Zusammenfassung) u. a., dass diese mit Schriftzeichen, deren Großbuchstaben eine Mindesthöhe von 0,21 Zentimeter (Schriftgrad mindestens 10 Punkt) besitzen, geschrieben sind. Im Streitfall hatte das DPMA mit Bescheid gegenüber dem Anmelder u.a. gerügt, dass die in den Unterlagen verwendeten Ziffern und Buchstaben zu klein seien und wies die Anmeldung im Folgenden gemäß § 42 Abs. 3 PatG zurück. Gegen diesen Zurückweisungsbeschluss legte der Anmelder Beschwerde ein.
Das BPatG erachtete die Beschwerde als begründet. Soweit eine nicht der Bestimmung des § 6 Abs. 5 Satz 6 PatV entsprechende Schriftgröße gerügt worden sei, vermöge dies vorliegend aus verfassungsrechtlichen Gründen keine Zurückweisung der Anmeldung nach § 42 Abs. 1 und 3 PatG zu rechtfertigen.
Die Ermächtigungsnorm des § 34 Abs. 6 PatG, auf deren Grundlage die formalen Anforderungen nach § 6 PatV erlassen worden seien, vermöge eine solche weitreichende Übertragung der dem Gesetzesvorbehalt unterliegenden Befugnisse nach § 42 PatG auf das DPMA wegen fehlender Bestimmtheit nach Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG nicht zu tragen. Dem Bestimmtheitsgebot zufolge müssten Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung in dem zugrunde liegenden Gesetz enthalten sein. Im Zusammenwirken mit § 42 PatG würde eine Berücksichtigung aller formellen Erfordernisse der PatV bei der Zurückweisung der Anmeldung aber im Ergebnis bedeuten, dass das DPMA ohne jede parlamentarische Kontrolle selbst bestimmen könnte, wann es dem durch das PatG eingeräumten subjektiv-öffentlichen, dem Grundrechtsschutz des Art. 14 GG unterfallenden Recht auf Patenterteilung nicht stattgebe, ohne zuvor eine Sachprüfung hinsichtlich der sachlichen Schutzvoraussetzungen überhaupt vorzunehmen. Die Nichtbeachtung der allein verwaltungsinternen Zwecken dienenden, von der Verwaltung selbst aufgestellten, Formvorschriften könne daher die Versagung eines subjektiven Rechts auf Patentschutz nicht rechtfertigen.
Die Vorschrift des § 42 i. V. m. § 34 Abs. 6 PatG, § 1 Abs. 2 DPMAV und §§ 1 ff. PatV sei daher nach herrschender Rechtsprechung verfassungskonform so auszulegen, dass nur die Verletzung solcher Formvorschriften eine Zurückweisung aus formellen Gründen tragen könne, die entweder im Gesetz ausdrücklich bestimmt seien oder zu deren Normierung durch den Verordnungsgeber das Gesetz ausdrücklich ermächtige oder die für die Gewährung des staatlichen Schutzes der angemeldeten Erfindung, also für die Sachprüfung und die Patenterteilung, unumgänglich seien.
Für den vorliegenden Fall leitete das BPatG hieraus ab, dass die Nichteinhaltung der in § 6 Abs. 5 Satz 6 PatV vorgeschriebenen Schriftgröße nur dann eine Zurückweisung der Anmeldung hätte rechtfertigen können, wenn die vorgelegte Schriftgröße eine Lektüre der Anmeldung ohne Hilfsmittel (z. B. Lupe) ausgeschlossen hätte. Denn dann wäre eine Sachprüfung – auf welche der Anmelder ein subjektiv-öffentliches Recht habe – ausgeschlossen oder jedenfalls unzumutbar erschwert gewesen.
(BPatG, Beschl. v. 18.11.2024, Az. 19 W (pat) 23/24 – Schalteinrichtung)