Das Bundespatentgericht hat sich mit der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit bei einer Lösung, die rückschauend einfach erscheint, befasst und in diesem Kontext die Wertung des BGH in seinem Urteil „Paneelelemente“ herangezogen (BPatG, Beschluss v. 12.08.2024, Az. 11 W (pat) 9/21 – Möbelauszug).
Eine Erfindung gilt als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, § 4 Satz 1 PatG.
Das BPatG stellt zunächst heraus, dass allein aus dem grundsätzlichen Bekanntsein einer bestimmten in der technischen Lösung der Patentanmeldung beschriebenen Verriegelung von Bauteilen in dem in Rede stehenden Fachgebiet (Möbelbeschläge) sich ein Naheliegen der beanspruchten Lösung nicht herleiten lässt.
Auch wenn eine Lösung rückschauend einfach erscheint, heiße dies nicht zwingend, dass sie daher auch nahegelegen habe. Dabei möge der Wegfall des Großteils der Funktionselemente zwar einen zusätzlichen wirtschaftlichen Nutzen bieten; dieser resultiere jedoch ebenso erst in Kenntnis der erfindungsgemäßen Lösung. Im Ergebnis treffe die Wertung des BGH in dessen Urteil „Paneelelemente“ (Urt. v. 12.10.2004, Az. X ZR 190/00) auf den vorliegenden Sachverhalt zu. Danach spricht es für erfinderische Tätigkeit, wenn der Fachmann die Funktionen bekannter Bauteile eines Erzeugnisses ändern muss, um eine vereinfachte Konstruktion und damit eine Kostenersparnis zu erzielen und der Stand der Technik zu einem solchen veränderten Konzept keine Anregung liefert.
Abschließend betont das BPatG noch, dass eine Aufgliederung in Teilaufgaben nicht stattfindet. Der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit sei vielmehr der Gegenstand der Erfindung in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem technischen Zusammenhang zugrunde zu legen.
Fazit
Erscheint eine technische Lösung ex post einfach, folgt daraus nicht zwangsläufig, dass sie naheliegend war.
Ein nach Maßgabe von „Teilaufgaben” in einzelne Merkmalsgruppen aufgesplitterter Gegenstand einer Erfindung kann nicht in der Weise der Prüfung auf erfinderische Tätigkeit zugrunde gelegt werden, dass einzelne Merkmale oder Merkmalsgruppen daraufhin untersucht werden, ob sie dem Fachmann durch den Stand der Technik je für sich nahegelegt waren, vielmehr ist der Gegenstand der Erfindung in der Gesamtheit seiner Lösungsmerkmale in ihrem technischen Zusammenhang zugrunde zu legen (Anschluss an BGH, Urt. v. 15.05.2007, Az. X ZR 273/02 – Papiermaschinengewebe).
(BPatG, Beschluss v. 12.08.2024, Az. 11 W (pat) 9/21 – Möbelauszug)