In dem Beschluss „Exzenterspannvorrichtung“ (v. 15.05.2024, 11 W (pat) 7/23) äußert sich das BPatG zum Gegenstand der widerrechtlichen Entnahme und lässt die Rechtsbeschwerde zum BGH zu.
Gegen ein Patent haben zwei Einsprechende form- und fristgerecht Einspruch erhoben und stützen ihre Einsprüche u. a. auf den Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme (§ 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG).
Die Patentabteilung des DPMA hat das Streitpatent in beschränktem Umfang aufrechterhalten. Gegen diesen Beschluss richten sich die Beschwerden der Patentinhaberin sowie die der beiden Einsprechenden. Die Einsprechenden haben jeweils den Antrag gestellt, den Beschluss des DPMA aufzuheben und das Patent in vollem Umfang zu widerrufen. Die Patentinhaberin hat demgegenüber den Antrag gestellt, den Beschluss des DPMA aufzuheben und das Patent in vollem Umfang aufrechtzuerhalten.
Das BPatG kommt zu dem Ergebnis, dass der von den Einsprechenden geltend gemachte Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme zu verneinen sei.
Hierzu stellt das BPatG die herrschende Meinung dar, wonach auch Schutzunfähiges widerrechtlich entnommen werden könne (vgl. BGH, GRUR 2011, 509, 512 – Schweißheizung; Schulte/Moufang, PatG mit EPÜ, § 21 PatG, Rn. 45; Benkard/Kober-Dehm, § 21 PatG, Rn. 23; Busse/Keukenschrijver, § 8 PatG, Rn. 18) und wonach also der Tatbestand einer widerrechtlichen Entnahme wohl auch dann nicht verneint werden dürfe, falls die entnommene technische Lehre (zum Zeitpunkt ihrer unbefugten Anmeldung zum Patent) bereits nicht mehr neu war und nur fachmännischem Handeln entsprach.
Bei diesem Ansatz werde – so das BPatG – übersehen, dass der Entnahmetatbestand des § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG voraussetze, dass der Inhalt des Patents ursächlich auf die Beschreibungen, Zeichnungen, Gerätschaften usw. des Anderen beruhen muss (vgl. Benkard/Kober-Dehm, § 21 PatG, Rn. 27; Schulte/Moufang, § 21 PatG, Rn. 49). Für die Annahme einer widerrechtlichen Entnahme könne daher auch dann, nämlich unter dem Gesichtspunkt fehlender Kausalität, kein Raum sein, wenn für den „Entnehmenden“ der Erfindungsbesitz unschwer aus allgemeinen Quellen erhältlich war. Dies sei vorliegend der Fall gewesen, da das „Entnommene“ bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung des Streitpatents objektiv zum Stand der Technik zählte bzw. offensichtlich fachmännischem Handeln entsprach. In einem solchen Fall könne eine widerrechtliche Entnahme auch nicht mit dem Verweis auf die maßgebliche subjektive Kenntnis des „Entnehmenden“ bejaht werden. Es gebe keinen Grund dafür, eine Einsprechende nur deshalb mit einem Nachanmelderecht nach § 7 Abs. 2 PatG zu belohnen, weil die entnehmende Person irrig davon ausgegangen war, sie hätte der Einsprechenden eine neue und erfinderische Lehre entnommen.
Vor diesem Hintergrund ließ das BPatG die Rechtsbeschwerde zu. Diese Zulassung der Rechtsbeschwerde sei mit Blick auf die vorstehend aufgeworfenen Fragen erfolgt. Einerseits, ob der Tatbestand einer widerrechtlichen Entnahme im Sinne des § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG zumindest voraussetze, dass die entnommene Lehre zum Zeitpunkt der Patentanmeldung neu im Sinne von §§ 1, 3 PatG war und nicht bereits fachmännischem Handeln entsprach, und andererseits ob in solchen Fällen, in denen der angemeldete Gegenstand lediglich auf fachmännischem Handeln beruhe und nicht neu sei, möglicherweise die notwendige Kausalität zwischen der Kenntnis vom Gegenstand (Erfindungsbesitz) und der unberechtigten Anmeldung zum Patent verneint werden müsse. Diese beiden Rechtsfragen seien jeweils von grundsätzlicher Bedeutung und erforderten zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BGH (§ 100 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 PatG).
Amtlicher Leitsatz des BPatG:
Der Widerrufsgrund der widerrechtlichen Entnahme nach § 21 Abs. 1 Nr. 3 PatG setzt voraus, dass der wesentliche Inhalt des Patents ursächlich auf die Beschreibung, Zeichnungen, Gerätschaften usw. des Anderen beruht. Zählte das Entnommene bereits zum Zeitpunkt der unbefugten Anmeldung des Patents objektiv zum Stand der Technik bzw. entsprach dieses offensichtlich fachmännischem Handeln, so fehlt es an dieser notwendigen Kausalität.