BPatG: Erfordernis einer Unterschrift zur Erfüllung der Schriftform gehört zum staatsbürgerlichen Grundwissen

Das Bundespatentgericht (BPatG) hat sich in einer Beschwerdesache mit der Frage befasst, ob in einer Rechtsmittelbelehrung, die auf die Möglichkeit hinweist, gegen den Beschluss schriftlich innerhalb eines Monats nach Zustellung das Rechtsmittel der Beschwerde einzulegen, auch ausdrücklich auf das Erfordernis der Unterschrift unter die Beschwerdeschrift hingewiesen werden muss (BPatG, Beschluss v. 12.01.2023, Az. 35 W (pat) 12/22).

Der Antragsteller hatte gegen den Beschluss, mit dem sein Antrag auf Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen worden war, fristgerecht Beschwerde erhoben, das Beschwerdeschreiben aber nicht unterzeichnet. Nachdem das BPatG den Antragsteller mit gerichtlichem Schreiben wegen der fehlenden Unterschrift auf Bedenken hingewiesen hatte, nahm der Antragsteller dazu mit (eigenhändig unterzeichnetem) Schreiben Stellung. Er wolle sich für sein „Versäumnis“ entschuldigen. Ihm sei nicht klar gewesen, dass dieses zu einer „Unwirksamkeit“ (der Beschwerdeeinlegung) führen könne und es sich um „fixe Termine“ handele. Die Stellungnahme erfolgte nach Ablauf der Rechtsmittelfrist.

Entscheidung des BPatG

Das BPatG verwarf die Beschwerde des Antragstellers als unzulässig. Dabei stellt es in seinem Beschluss zunächst klar, dass zur Einhaltung der Schriftform gemäß § 126 Abs. 1 BGB zwingend die eigenhändige Unterschrift gehöre, da die Unterschrift zwei wesentliche Nachweisfunktionen habe: Zum einen gehe es um die Feststellung der Identität des Urhebers der Beschwerdeschrift und damit die Zuordnung der Beschwerde zur Person (hier) des Antragstellers (sog. Identitätsfunktion), zum anderen um die Dokumentation seines unbedingten und verantwortlichen Willens zur Einreichung einer Beschwerde (sog. Abschlussfunktion). Fehle bei der Einlegung einer Beschwerde die eigenhändige Unterschrift, könne diese bis zum Ablauf der Beschwerdefrist noch nachgeholt werden. Dies sei nicht innerhalb der Frist zur Beschwerdeeinlegung erfolgt.

Das BPatG sah keinen Anlass, dem Antragsteller Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einlegung der Beschwerde zu gewähren, weil er die Frist zur Einlegung der Beschwerde nicht ohne eigenes Verschulden versäumt habe. Angesichts der ordnungsgemäß erfolgten Rechtsmittelbelehrung sei für ihn ersichtlich gewesen, was er habe tun müssen. Hierbei könne nicht beanstandet werden, dass nicht auch ausdrücklich auf das Erfordernis der Unterschrift unter die Beschwerdeschrift hingewiesen worden ist. Dass zur Erfüllung der Schriftform die Unterschrift zwingend dazugehört, sei keine Besonderheit der hier zu beachtenden verfahrensrechtlichen Vorschriften, sondern, wie sich aus § 126 BGB ergebe, ein allgemeingültiges Prinzip für den gesamten Rechtsverkehr, vom Abschluss von Verträgen und der Abgabe sonstiger Willenserklärungen bis hin zu Verfahrenshandlungen gegenüber Behörden und Gerichten. Es gehöre zum staatsbürgerlichen Grundwissen, welches bei jedem, der am Rechtsverkehr und an behördlichen oder gerichtlichen Verfahren teilnimmt, ohne weiteres vorausgesetzt werden könne und nicht auch noch Gegenstand von Rechtsbehelfsbelehrungen sein müsse. Der Antragsteller könne sich somit nicht darauf berufen, ihm sei das Erfordernis der Unterschrift unter die Beschwerdeschrift nicht bewusst gewesen.

BPatG, Beschluss v. 12.01.2023, Az. 35 W (pat) 12/22

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Franziska Anneken

Franziska Anneken

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