In der Entscheidung „Bremsanlage“ (Urt. v. 14.11.2024 – X ZR 124/22) hatte der BGH über die Schiedseinrede gegen eine Patentnichtigkeitsklage und die Präklusion von Angriffsmitteln zu entscheiden.
Hintergrund
Die Schiedsfähigkeit von Streitigkeiten über den Rechtsbestand eines lizenzierten Patents ist umstritten. Gegen die Schiedsfähigkeit werden u. a. die inter-partes-Wirkung des Schiedsspruchs und die Entstehung des Patentschutzes durch Verwaltungsakt angeführt (vgl. Bartenbach, Patentlizenz- und Know-how-Vertrag, 7. Aufl., Rn. 3063 ff.).
In der Entscheidung „Bremsanlage“ hatte sich der BGH mit der Schiedseinrede gegen eine Nichtigkeitsklage zu befassen.
Sachverhalt
In dem zugrundeliegenden Nichtigkeitsverfahren hatte sich die Beklagte unter Hinweis auf einen zwischen den Parteien abgeschlossenen Lizenzvertrag, der eine Schiedsabrede enthielt, auf die Unzulässigkeit der Nichtigkeitsklage vor dem BPatG berufen und das Streitpatent in der erteilten Fassung sowie mit elf Hilfsanträgen verteidigt.
Das BPatG hatte das Streitpatent erstinstanzlich für nichtig erklärt, soweit es über die Fassung nach Hilfsantrag 1.2 hinausging. Hiergegen richtete sich die Berufung der Beklagten, die das Streitpatent für den Fall, dass die Klage als zulässig angesehen wurde, mit zwei geänderten Fassungen des erstinstanzlichen Hilfsantrags 1* verteidigte (Anträge A und B). Die Klägerin reagierte hierauf mit der Einführung weiterer Entgegenhaltungen in das Verfahren.
Entscheidung des BGH
Der BGH hat die Berufung zurückgewiesen.
Die Schiedseinrede stand der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen.
Der BGH lässt die Frage, ob die Streitigkeiten über den Rechtsbestand des lizenzierten Patents Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein können, mit der Begründung offen, die konkret zu beurteilende Schiedsklausel erstrecke sich jedenfalls nicht auf Streitigkeiten über den Rechtsbestand. Insoweit verweist der BGH auf einen vorangegangenen rechtskräftigen Schiedsspruch, in dem das Schiedsgericht die Klausel dahingehend ausgelegt hatte, dass sie dem Schiedsgericht keine Befugnis einräume, die Beklagte zur Aufgabe des Patentschutzes zu verpflichten.
Hierauf bezieht sich der erste Amtliche Leitsatz des BGH:
„Das Schiedsgericht kann über die eigene Zuständigkeit und im Zusammenhang hiermit über das Bestehen oder die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung auch insoweit entscheiden, als seine Befugnis zur Beurteilung des Bestands eines Patents in Rede steht“.
Ein weiterer Aspekt der Entscheidung betraf die Zulässigkeit der von der Klägerin erst in der Berufungsinstanz in das Verfahren eingeführten Entgegenhaltungen, die sich auf einen von der Beklagten in der ersten Instanz im Anschluss an den qualifizierten Hinweis nach § 83 Abs. 1 PatG und kurz vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsantrag bezogen.
Hierzu bildet der BGH den folgenden Amtlichen Leitsatz:
„Verteidigt der Beklagte erst nach der Zustellung des qualifizierten Hinweises das Streitpatent hilfsweise in einer geänderten Fassung, die technische Aspekte betrifft, die in den bisher gestellten Hilfsanträgen nicht berührt waren, kann es nicht ohne Weiteres als nachlässig angesehen werden, wenn der Kläger Entgegenhaltungen hierzu noch nicht in der ersten Instanz vorlegt“.
Praxishinweis
Die Frage, ob Streitigkeiten über den Rechtsbestand eines Patents schiedsfähig sind, bleibt weiter offen.
Bezüglich der Präklusion der weiteren Entgegenhaltungen ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen. Jedenfalls erscheint es nicht „ohne Weiteres“ nachlässig, wenn der Kläger in der ersten Instanz noch keine Entgegenhaltungen vorlegt, die technische Aspekte betreffen, die erst durch einen von der Beklagtenseite im Anschluss an den qualifizierten Hinweis des BPatG geänderten Antrag für das Verfahren relevant geworden sind.
Quelle: BGH, Urt. v. 14.11.2024 – X ZR 124/22 – Bremsanlage
Hinweis: Eine ausführliche Zusammenfassung der Entscheidung wird abgedruckt im Februar-Heft der im Reguvis-Verlag erscheinenden Monatszeitschrift IPkompakt.