BGH zum Offenbarungsgehalt einer Entgegenhaltung

Mit Urteil vom 23.04.2024 (X ZR 42/22) bestätigt der BGH seine Rechtsprechung zur Maßgeblichkeit des technischen Sinngehalts bei Prüfung des Offenbarungsgehalts eines technischen Gesichtspunkts einer Entgegenhaltung

Sachverhalt

Gegenstand des zugrunde liegenden Berufungsverfahrens war eine Nichtigkeitsklage gegen ein Deutsches Streitpatent, das ein Verfahren zur Herstellung eines Prägeblechs betraf. Nach Merkmal 3 des Patentanspruchs 1 war vorgesehen, „vertiefte und erhabene Strukturen bezüglich einer als Bezugsebene definierten Hochglanzoberfläche“ herzustellen.

Das Patentgericht hatte das Streitpatent für nichtig erklärt, soweit dessen Gegenstand über die mit dem erstinstanzlichen Hilfsantrag 0a‘ verteidigte Fassung hinausging und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Hiergegen richteten sich die Rechtsmittel beider Parteien.

Entscheidung des BGH

Der BGH weist die Nichtigkeitsklage insgesamt ab.

Einen zentralen Aspekt der Entscheidung bildete die Frage, ob den geltend gemachten Entgegenhaltungen die in Merkmal 3 des Patentanspruchs 1 des Streitpatents vorgesehene Kombination von vertieften und erhabenen Strukturen zu entnehmen war.

Jedenfalls eine der geltend gemachten Entgegenhaltung wies bzgl. des dort geschilderten Auf- oder Abtragens einer Beschichtung eine „und/oder“-Formulierung auf, die nach dem Wortlaut eine solche Kombination zugelassen hätte. Nach Auffassung des BGH ließ sich der Entgegenhaltung aber nicht hinreichend deutlich entnehmen, dass die Bearbeitungsformen „Auftragen“ und „Abtragen“ abweichend von den in der Entgegenhaltung dargestellten Ausführungsbeispielen bei demselben Werkstück optional auch kombiniert werden können.

Der BGH bestätigt damit im Ergebnis seine Rechtsprechung, wonach einzelne technische Gesichtspunkte einer Entgegenhaltung nicht isoliert betrachtet werden dürfen, sondern auf den technischen Sinngehalt abzustellen ist, der sich aus dem Gesamtinhalt der Entgegenhaltung ergibt.

Hierzu formuliert der BGH den folgenden Amtlichen Leitsatz:

Für die Ermittlung des Offenbarungsgehalts einer Entgegenhaltung dürfen einzelne Formulierungen nicht isoliert betrachtet werden. Sie sind vielmehr in ihrem Kontext zu würdigen, also vor dem Hintergrund des gesamten Inhalts der Entgegenhaltung (Bestätigung von BGH, Urteil vom 19. März 2019 – X ZR 11/17, GRUR 2019, 925 Rn. 18 – Bitratenreduktion II; Urteil vom 27. Juni 2023 – X ZR 59/21, GRUR 2023, 1363 Rn. 90 – Anzeigemonitor).

Quelle: BGH, Urteil vom 23.04.2024, Az. X ZR 42/22 Hinweis: Eine Zusammenfassung der Entscheidung ist abgedruckt in Heft 8 der im Revugis-Verlag erscheinenden Zeitschrift IPkompakt.

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Niklas Kinting

Niklas Kinting

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