BGH:  Übertragung der Störer – Haftungsgrundsätze eines Internetzugangsvermittlers auf den Registrar

Mit Urteil vom 15.10.2020 (Az. I ZR 13/19) hat der BGH entschieden, dass der Registrar einer Internetdomain in Folge seiner Mitwirkung an der Konnektierung der Domain als Störer für die Bereitstellung urheberrechtsverletzender Inhalte unter der registrierten Domain nach den für Internetzugangsvermittler geltenden Grundsätzen auf Dekonnektierung der Domain haftet.

Hintergrund

Die Klägerin stellt Tonträger her und ist Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an dem Musikalbum „Blurred Lines“ des Künstlers Robin Thicke. Die Beklagte hat in ihrer Funktion als Registrar eine Domain bei der Registrierungsstelle ICANN registriert und an diese die zur Konnektierung erforderlichen Daten des Domaininhabers weitergeleitet.

Über eben diese Domain war am 2. August 2013 eine BitTorrent-Suchseite erreichbar, die es ermöglichte, über einen Tracker das Musikalbum „Blurred Lines“ im Wege des Filesharing herunterzuladen. Im Zuge dessen wies die Klägerin die Beklagte auf die hieraus folgende Rechtsverletzung hin und forderte sie auf, diese zu beenden. Daraufhin übermittelte die Beklagte zwar Daten des Registranten, des Resellers und des in den Niederlanden ansässigen Host-Providers, kam jedoch der Aufforderung zur Dekonnektierung der Domain bzw. Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung nicht nach.

Der nachfolgenden Klage auf Unterlassung der Ermöglichung einer Vervielfältigung und /oder öffentlichen Zugänglichmachung des Musikalbums wurde stattgegeben (LG Saarbrücken, Urt. v. 30.08.2017, 7 O 17/15). Die Berufung der Beklagten blieb ohne Erfolg (OLG Saarbrücken, Urt. v. 19.12.2018, 1 U 128/17 – GRUR-RR 2019, 150).

Entscheidung

Der BGH konstatiert in seinem Urteil, dass die für den Internetzugangsvermittler geltenden Haftungsgrundsätze (vgl. BGH, Urt. v. 26.11.2015 – I ZR 174/14 – BGHZ 208, 82 [83] – Störerhaftung des Accessproviders) auf den Registrar übertragen werden können.

Demnach kommt die Annahme anlassloser allgemeiner Prüf- und Überwachungspflichten des Registrars nicht in Betracht. Vielmehr tritt eine Störerhaftung des Registrars nur ein, wenn der Registrar ungeachtet eines Hinweises auf eine klare und ohne weiteres feststellbare Rechtsverletzung die Dekonnektierung der Domain unterlässt.

Dies steht unter der Prämisse, dass mittels der beanstandeten Domain weit überwiegend illegale Inhalte bereitgestellt werden und der Rechtsinhaber zuvor erfolglos gegen diejenigen Beteiligten vorgegangen ist, die – wie der Betreiber der Internetseite – die Rechtsverletzung selbst begangen haben oder – wie der Host-Provider – zur Rechtsverletzung durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben, sofern nicht einem solchen Vorgehen jede Erfolgsaussicht fehlt.

Zudem muss sich der die Haftung des Registrars auslösende Hinweis auf alle für die Haftungsbegründung relevanten Umstände – Rechtsverletzung, weit überwiegende Bereitstellung illegaler Inhalte sowie erfolglose oder unmögliche vorrangige Inanspruchnahme anderer Beteiligter – beziehen und insoweit hinreichend konkrete Angaben enthalten.

Somit ist die Haftung des Registrars, dem BGH zufolge, als ultima ratio ausgestaltet, deren Rückgriff nur rechtmäßig erfolgt, wenn auf andere Weise der Urheberrechtschutz nicht effektiv sichergestellt werden kann.

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Prof. Dr. Ingo Jung

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