BGH – LP-Filterparameter-Umwandlung – Naheliegen einer Erfindung, Besonderheiten im Bereich der Mobilfunk-Technologie

Der BGH hat sich in einem Urteil vom 04.11.2024 (Aktenzeichen: X ZR 125/22) mit Besonderheiten auseinandergesetzt, die für die Prüfung des Naheliegens einer Erfindung im Bereich der Mobilfunktechnologie gelten.

Nach Art. 56 EPÜ und § 4 PatG gilt eine Erfindung als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt. Das Naheliegen muss in der Praxis oftmals ausgehend von Entgegenhaltungen geprüft werden, aus deren Kombination von Merkmalen sich der erfindungsgemäße Gegenstand ergibt. Es stellt sich dann die Frage, ob und ggf. welche Veranlassung der Fachmann zur Kombination hatte.

Das Patent, über dessen Rechtszustand der BGH zu entscheiden hatte, betraf eine Technologie zur Übertragung von Sprachsignalen, die linear-prädiktive (LP) Filterparameter nutzt, bei dem Sprachsequenzen im Bereich von Millisekunden analysiert und das Ergebnis übertragen und vom Decoder wiederum in ein Sprachsignal umgeformt wird.

In diesem Rahmen stellte der BGH folgende Leitsätze auf:

a) Bei der Suche nach Lösungen für ein bestimmtes technisches Problem im Bereich des Mobilfunks besteht grundsätzlich Anlass, Vorschläge aus dem Umfeld von Standardisierungsgruppen als Ausgangspunkt für weitergehende Überlegungen oder als Quelle zum Auffinden möglicher Lösungsansätze in Betracht zu ziehen. Dies gilt jedenfalls für solche Dokumente, die auf den in der Fachwelt bekannten Wegen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.

b) Ein großer zeitlicher Abstand kann im Einzelfall gegen die Kombination von zwei Dokumenten sprechen, insbesondere dann, wenn sie auf unterschiedlichen technischen Ansätzen beruhen. Auch bei der Entwicklung neuer Standards liegt die Heranziehung älterer Dokumente jedoch nahe, wenn diese einen Lösungsansatz enthalten, der erkennbar auch im Umfeld der neueren Veröffentlichung eingesetzt werden kann.

c) Der Umstand, dass eine bestimmte Vorgehensweise zum Fachwissen gehört, legt deren Anwendung im Kontext einer im Stand der Technik aufgeworfenen neuen Fragestellung nicht ohne Weiteres nahe.

Technische Veröffentlichungen im Umfeld von Standardisierungsgremien haben tendenziell Gewicht bei der Frage des Naheliegens. Zusätzlich kann es darauf ankommen, wie erkennbar eine Lösung zum Transfer hin zu der der Erfindung zu Grunde liegenden Aufgabenstellung geeignet ist und ob es sich ggf. um eine gegenüber der vorveröffentlichten Lösung neue Aufgabenstellung handelt.

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Dr. Martin Quodbach, LL.M.

Dr. Martin Quodbach, LL.M.

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