BGH – Gehörsrüge nach § 122a PatG

In einem Beschluss vom 17.11.2020 (Az. X ZR 3/18) hatte der BGH über eine auf § 122a PatG gestützte Rüge zu entscheiden, die mögliche Fehler einer zuvor ergangenen Entscheidung (Urteil in einem Patentnichtigkeitsverfahren) aufzeigte.

Nach § 122a PatG ist das Verfahren auf die Rüge der durch die Entscheidung beschwerten Partei fortzuführen, wenn das Gericht den Anspruch dieser Partei auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Diese verfahrensrechtliche Vorschrift gilt in patentrechtlichen Streitigkeiten auch für das Verfahren vor dem BGH.

Der BGH hatte sich mit eben einer solchen Gehörsrüge auseinanderzusetzen, mit der die unterlegene Partei (Beklagte in einem Patentnichtigkeitsverfahren) nochmals versuchte, eine zu ihren Lasten ergangene Entscheidung des BGH in entscheidungserheblichen Punkten infrage zu stellen.

In diesem Zusammenhang tätigte der BGH einige nachfolgend ausgewählte Aussagen, die von allgemeinem Interesse sind und verdeutlichen, in welcher schwierigen Position ein Beschwerdeführer im Rahmen einer solchen Rüge ist.

Ein Kritikpunkt der Gehörsrüge war, dass die vom BGH zugrunde gelegte Merkmalsgliederung in einem Wort vom Patentanspruch abwich (anstatt „hiervon“ hieß es „derselbe“). Der BGH hielt dem Vorwurf entgegen, dass die Merkmalsgliederung dazu dient, den Inhalt des Patentanspruchs in einer für die rechtliche Beurteilung zweckmäßigen Struktur darzustellen. Hierzu ist es nach dem BGH nicht erforderlich, den Wortlaut des Patentanspruchs exakt wiederzugeben. Darüber hinaus beanstandete der BGH, dass in der Rüge der Sinngehalt nicht dargelegt wurde, der sich aus der Abweichung ergeben haben soll.

Die Beklagte warf dem BGH des Weiteren vor, sich mit einem bestimmten Patentanspruch nicht ausreichend befasst zu haben. Der BGH hatte in dem angegriffenen Urteil eine generalisierende Aussage dergestalt getroffen, dass sich der Anspruch nur in Details vom Patentanspruch 1 unterschied und daher nicht abweichend zu beurteilen sei. Der BGH hielt der Rüge insofern entgegen, dass der BGH die Abweichungen gesehen, aber eben nicht für relevant gehalten hat. Das Erfordernis einer näheren Begründung sah der BGH also nicht.

Die Beklagte warf dem BGH zudem vor, einen bestimmten Punkt unberücksichtigt gelassen zu haben, der bereits in einem anderen früheren Nichtigkeitsverfahren gegen das in Streit stehende Patent relevant geworden war. Der BGH hielt diesem Einwand entgegen, dass aus dem Umstand, dass der BGH diese Ausführungen im angefochtenen Urteil nicht wiederholt hat, nicht gefolgert werden könne, dass er diesen Gesichtspunkt unberücksichtigt gelassen hat.

Die Rüge beanstandete, dass die Einholung eines Sachverständigengutachtens unterblieben war. Der BGH entgegnete, dass die bloße Behauptung, ein Fachmann würde das Patent anders verstehen, zur Darlegung beweiserheblicher Umstände nicht ausreicht.

Auf den ersten Eindruck schien die Diskussion mit dem Urteil des BGH aber möglicherweise tatsächlich noch nicht bis ins Detail abgeschlossen zu sein, so dass sich die Beklagte offenbar in dem zuvor ergangenen Urteil nicht ausreichend wiedergefunden hatte. Aus der Art und Weise, wie der BGH dann bestimmte Kritikpunkte zurückweist, könnte dabei vermutet werden, dass das Urteil möglicherweise tatsächlich gewisse Lücken aufwies.

Aus der Art und Weise (und Kürze) der Begründungen des BGH lässt sich zudem herauslesen, dass der BGH offensichtlich wenig geneigt war, nochmals in eine tiefe inhaltliche Diskussion der aufgeworfenen Streitfragen einzusteigen.

Mit Blick auf das bei dem BGH erreichte Ende des Instanzenzugs ist der Beschwerdeführer ohnehin in einer maximal ungünstigen Position, um dem BGH mögliche Fehler einer Entscheidung vor Augen zu führen. Und für den Angriff auf Urteile des BGH im Wege einer auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs gestützten Verfassungsbeschwerde müssten gravierendere Mängel aufgezeigt werden können, als dies in der vorliegenden Anhörungsrüge geschehen ist.

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Dr. Martin Quodbach, LL.M.

Dr. Martin Quodbach, LL.M.

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