BGH entscheidet zu von Drohnen gefertigten Luftaufnahmen von Kunstwerken

In seinem aktuellen Urteil vom 23. Oktober 2024 hat sich der BGH mit der Frage befasst, ob durch Drohnen gefertigte Luftbildaufnahmen von urheberrechtlich geschützten Werken zulässig sind oder nicht.

Im Streit stand eine Buchveröffentlichung zu Halden im Ruhrgebiet, die mit entsprechenden, durch Drohnen aus der Luft gefertigten Fotografien bebildert war. Wiedergegeben wurde dabei nicht nur die Landschaft, sondern es befanden sich darunter auch Abbildungen, welche verschiedene Kunstinstallationen – sog. Landmarken als Skulpturen – zeigten, die sich ihrerseits auf den Halden befanden.

Die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst, welche die Rechte von Urhebern derartiger Kunstwerke wahrnimmt, machte nun geltend, dass durch die Fertigung und Veröffentlichung der Abbildungen dieser Kunstwerke in die Rechte der Urheber eingegriffen werde, auch wenn die Aufnahmen aus der Luft gefertigt worden seien.

Panoramafreiheit vs. Urheberschutz

Zentraler Streitpunkt war somit die Frage, ob der im Urheberrecht verankerte Grundsatz der sog. Panoramafreiheit auch für Fälle gilt, in denen – wie hier – die Bilder mittels Drohnen aus der Luft gefertigt werden. In § 59 UrhG ist dazu niedergelegt, dass es zulässig ist, (Kunst-)Werke, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben.

Die Panoramafreiheit bezweckt somit im Grundsatz die Freistellung der Nutzung von Werken auch in Form von Lichtbildaufnahmen, soweit dieser Teil des von der Allgemeinheit wahrnehmbaren Straßen- oder Landschaftsbildes sind. Klassischerweise sind damit Bilder gemeint, die man von der Straße oder dem Bürgersteig aus ohne Zutritt auf ein Grundstück frei sichtbar fertigen kann.

Interessenabwägung im Urheberrecht zugunsten der Künstler

Der BGH hat in seinem Urteil nunmehr eine Interessenabwägung zwischen dieser in der Regelung zur Panoramafreiheit verankerten Informations- und Kommunikationsfreiheit und dem berechtigten Interesse der Urheber der Kunstwerke vorgenommen, die an der wirtschaftlichen Nutzung ihrer Werke angemessen werden wollen.

Bei dieser Auslegung und Abwägung kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass die zwecks Buchveröffentlichungen mithilfe von Drohnen angefertigten Lichtbilder die Interessen der Urheber der aus der Luft fotografierten Kunstwerke verletzen.

Im Ergebnis stellt der BGH somit fest, dass der Grundsatz der Panoramafreiheit auf derartige Luftbilder keine Anwendung findet.

Der BGH hat somit eine Abgrenzung bzw. einschränkende Auslegung vorgenommen wonach die gesetzliche Formulierung zu „bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen“ zumindest von Drohnen gefertigte Luftaufnahmen nicht legitimiert. Offenbar sieht der BGH hier die Schrankenregelung nicht mehr als einschlägig an, da eine solche Luftaufnahme aus dem speziellen Blickwinkel einer Drohne nicht mehr diejenige Perspektive ist, die der normalen Wahrnehmung eines Betrachters im öffentlichen Raum entspricht.

Die näheren Ausführungen des BGH dazu in den Entscheidungsgründen sind mit Interesse zu erwarten, zumal der BGH sich dort voraussichtlich auch näher zu der Frage äußern wird, wo die Grenzen für derartige, mittels technischer Hilfsmaßnahmen wie Drohnen gefertigter Bildaufnahmen gegenüber solchen Bildmotiven sind, die von Orten aus fotografiert werden können, die für die Allgemeinheit zugänglich sind.

Über den Wolken …

Bereits jetzt lässt sich festhalten, dass der bekannte Titel „Über den Wolken, muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“ zumindest unterhalb dieser Wolken nicht mehr gilt. Vielmehr ist vor allem bei der kommerziellen Fertigung und Veröffentlichung von derartigen Luftaufnahmen via Drohnen grundsätzlich darauf zu achten, dass ohne Einwilligung bzw. Lizenzierung keine Kunstwerke aus der Luft mit abgebildet und wiedergegeben werden.

Die vorliegende Entscheidung fügt sich in eine Reihe interessanter Urteile des BGH zu Fotoaufnahmen ein – zuletzt zur Abbildung von Fototapeten noch im September dieses Jahres. 2017 hatte der BGH in seiner „AIDA“-Entscheidung zudem zur Panoramafreiheit ausgeführt, dass diese auch bei Kunstwerken auf beweglichen Fahrzeugen, wie z.B. Schiffen, und nicht nur an stationären Plätzen gilt. Hier hatte der BGH angenommen, dass bewegliche Motive im öffentlichen Straßenraum auf entsprechenden Verkehrs- und Transportmittel als Motiv von jedermann von frei zugänglichen Orten aus wahrgenommen werden können. Diesen Grundsatz dehnt der BGH nunmehr aber ersichtlich nicht auf den mittels Drohnen als technische Hilfsmittel zugänglich gemachten Luftraum aus.

Zurück
Prof. Dr. Ingo Jung

Prof. Dr. Ingo Jung

ZUM PROFIL