Umfang der Pflichten des Architekten im Rahmen der Prüfung abgerechneter Nachträge

Der Architekt hat bei der Schlussrechnung grundsätzlich nur die bautechnischen und baubetrieblich-kalkulatorischen Voraussetzungen für die Berechtigung der verlangten Werklohnforderung zu prüfen. Die rechtliche Prüfung der Voraussetzungen eines möglichen Zahlungsanspruchs ist nicht vom Pflichtenkreis umfasst. So die Entscheidung des OLG Frankfurt vom 02.03.2023 (Az. 21 U 69/21).

Sachverhalt

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt verklagte der Bauherr den von ihm beauftragten Architekten auf Schadensersatz u. a. wegen mangelhafter Rechnungsprüfung. Der Bauherr behauptet, der Architekt habe Abzüge von der Schlussrechnungsprüfung des ausführenden Unternehmens vorgenommen, die sich als unberechtigt erwiesen haben.

Entscheidung

Ohne Erfolg!

Nach den Ausführungen des OLG Frankfurt beschränke sich die Leistungspflicht des Architekten auf die Prüfung der bautechnischen und baubetrieblich-kalkulatorischen Voraussetzungen für die Berechtigung des abgerechneten Werklohns. Geprüft werden müsse nur das Zahlenwerk.

Hingegen liege es grundsätzlich außerhalb der Prüfungspflicht des Architekten, ob dem Nachtrag eine den Mehrvergütungsanspruch rechtfertigende Änderung im Sinne des § 2 Abs. 5 und 6 VO/B zugrunde gelegen hat und die übrigen rechtlichen Voraussetzungen für einen solchen Mehrvergütungsanspruch vorgelegen haben. Eine solche Beurteilung werfe schwierig zu beurteilende Rechtsfragen auf, die außerhalb des von dem prüfbaren Architekten erwartbaren Grundkenntnisse des privaten Baurechts liegen.

Gleiches gelte für die Rechtsfrage, ob der vom ausführenden Unternehmen in Abzug gebrachten Vertragsstrafe der rechtliche Gesichtspunkt einer Verwirkung aufgrund eines umgeworfenen Terminplans entgegenstand.

Zuletzt wies der Senat allerdings darauf hin, dass den prüfenden Architekten bei (zweifelhaften) Rechtsfragen eine Hinweispflicht gegenüber dem nicht anwaltlich vertretenen Auftraggeber zur Einholung von Rechtsbeistand treffe.

Praxishinweis

Das OLG Frankfurt skizziert die Reichweite und Grenzen der Rechtskenntnisse von Architekten bei der Prüfung von Rechnungen der ausführenden Unternehmen. Für den Senat ist dabei klar: Die rechtliche Bewertung der Berechtigung des abgerechneten Werklohns liegt außerhalb der Fragestellungen, für deren Richtigkeit der prüfende Architekt im Verhältnis zu dem von ihm beauftragten Bauherrn einzustehen hat. 

Die Entscheidung reiht sich an die obergerichtliche Rechtsprechung des OLG Köln vom 16.04.2021 (Az. 19 U 56/20) an, nach der die Frage der Abgrenzung einer Mengenabweichung nach § 2 Abs. 3 VOB/B und einer Ausführungsabweichung nach § 2 Abs. 8 VOB/B sowie die sich daraus ergebende korrekte Berechnung der Vergütung als Rechtsfrage klassifizierte wurde. Der Senat in Köln betonte, dass es das Maß der bei Rechnungsprüfung anzuwendenden Sorgfalt überspannen würde, wollte man dem Architekten einen Sorgfaltspflichtverstoß vorwerfen, wenn er in einer komplexen Konstellation einer dieser Rechtsfragen unzureichend erfasst und/oder unrichtig beantwortet.

Diese einschränkende Tendenz findet sich auch in der Grundsatzentscheidung des BGH vom 09.11.2023 (Az. VII ZR 190/22) wieder, nach der eine allgemeine Rechtsberatung vom Berufsbild des Architekten nicht erfasst sei. Die Entscheidung befasst sich mit der Zurverfügungstellung einer Skontoklausel durch den Architekten, welche nach Auffassung des BGH eine nach § 3 RDG unzulässige Rechtsdienstleistung darstelle.

Abschließend kann Architekten nur dazu geraten werden, keine rechtlichen Ratschläge zu erteilen und den Bauherrn stattdessen frühzeitig auf die Hinzuziehung von Rechtsbeistand hinzuweisen.

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Viktoria Rother

Viktoria Rother

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