Das OLG Saarbrücken entschied mit Urteil vom 27.01.2021, Az. 2 U 39/20, dass ein Architekt auch dann für Planungsmängel haftet, wenn diese auf ein durch einen Brandschutzexperten erstelltes Brandschutzgutachten zurückzuführen sind. Denn der Architekt muss bei der konstruktiven Gebäudeplanung auch die Anforderungen an den Brandschutz berücksichtigen. Daher trifft ihn im Bereich des Brandschutzes eine Pflicht zum „Mitdenken“.
Sachverhalt
Ein Architekt begann nach Zuschlagserteilung im Vergabeverfahren im Jahre 2007 mit der Genehmigungsplanung für einen Schulbau. Ein gesondert beauftragter Brandschutzexperte erstellte 2008 ein Brandschutzgutachten. Auf dieser Grundlage wurde eine Baugenehmigung erteilt. Im erst 2020 unterzeichneten schriftlichen Architektenvertrag war geregelt, dass der Architekt die Baugenehmigung und das Brandschutzgutachten zu beachten habe.
Später stellte sich heraus, dass das Brandschutzgutachten Lücken aufwies. Das mangelhafte Brandschutzgutachten führte zu Mängeln bei der Planung der Flucht- und Rettungswege. Dies führte wiederum zur Notwendigkeit einer Umplanung auf Grundlage des Brandschutznachweises eines Brandschutz-Sachverständigen und einer Nachtragsbaugenehmigung.
Als der Architekt sein Honorar einklagte, rechnete der Auftraggeber mit einem Schadenersatzanspruch für die notwendige Umplanung auf und erhob Widerklage auf Zahlung in Höhe des verbliebenen Schadenersatzanspruchs.
Die Entscheidung: Pflicht zum „Mitdenken“ des Architekten
Das Oberlandesgericht Saarbrücken erkannte eine Pflichtverletzung der Architektin. Denn zu deren Leistungsplichten gehöre es, „grundsätzlich im Rahmen der konstruktiven Gebäudeplanung auch die Anforderungen an den Brandschutz berücksichtigen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 2012 – VII ZR 128/11, NJW 2012, 1575, 1576 Rn. 20 (…))“.
Das OLG sah kein Mitverschulden darin, dass der Auftraggeber einen Brandschutzexperten mit der Erstellung des Brandschutznachweises beauftragt habe. Zwar räumte das OLG ein, dass ein Architekt beim Einsatz von Sonderfachleuten nur für nach seinen Fachkenntnissen offensichtliche Fehler verantwortlich ist. Insofern besteht keine allgemeine Überprüfungspflicht des Architekten bezüglich der Tätigkeiten von Sonderfachleuten. „Allerdings wird dort, wo der Architekt die bautechnischen Fachkenntnisse haben muss, ein „Mitdenken” von dem Architekten erwartet. Daher muss der Architekt, wenn die relevante bautechnische Frage zu seinem Wissensbereich gehört, sich im Einzelfall vergewissern, ob der Sonderfachmann entsprechend den örtlichen Gegebenheiten zutreffende bautechnische Vorgaben gemacht hat.“
Die Klage des Architekten wurde nicht nur abgewiesen, sondern er wurde auf die Widerklage des Auftraggebers zudem zur Zahlung von Schadenersatz verurteilt.
Praxishinweis
Die Erstellung eines Brandschutzkonzeptes ist für die Erteilung einer Baugenehmigung bei Sonderbauten (wie Hochhäusern, Krankenhäusern, Wohnheimen und Schulen) vorgeschrieben bspw. in NRW gemäß § 68 Abs. 1 Nr. 3 BauO NRW und in Berlin gemäß § 66 Abs. 1 und 3 S. 2 BauO Bln. Die Anforderungen an das Brandschutzkonzept ergeben sich aus den landesrechtlichen Bauprüfverordnungen. Der planende Architekt muss stets mitdenken und für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Brandschutzanforderungen bei einem Bauwerk Sorge tragen. Dies gilt auch bei der Einbeziehung von Sonderfachleuten.