OLG Düsseldorf zur Bemessung des Vorschussanspruchs bei Streit über die Mängelbseitigungsmethode

Das OLG Düsseldorf hat sich in seinem Urteil vom 13.01.2023 (Az.: 22 U 300/21) mit einer Konstellation befasst, in der die Auftraggeberin Vorschussansprüche aufgrund mangelhafter Werkleistungen gegenüber der Auftragnehmerin geltend gemacht hat. Über die Frage, ob der Vorschuss nach einer günstigeren oder teureren Mängelbeseitigungsmethode zu bemessen ist, befanden sich die Parteien im Streit.

Sachverhalt

Die Auftraggeberin (AG) ist Betreiberin einer Kläranlage. Sie beauftragte die Auftragnehmerin (AN) mit der Betonsanierung zweier Höchstlastbelebungsbecken. Ziel der Beauftragung war die Sanierung der schadhaften Wand- und Deckenareale, die Erneuerung der Dehnfugen und die Abdichtung der Stützen und Tragwerkssockel. Die von der AN für das Becken 3 erbrachten Leistungen wurden am 31.03.2011 abgenommen, die Leistungen für das Becken 1 am 30.06.2011. Im Jahr 2016 wurden die Leistungen der AN auf Antrag der AG im selbstständigen Beweisverfahren begutachtet. Mit Gutachten vom 08.08.2016 hat der Sachverständige festgestellt, dass die von der AN ausgeführten Leistungen wegen Ausführungsfehlern und wegen der verwendeten Sanierungsprodukte mangelhaft seien. Unter Bezugnahme auf das selbstständige Beweisverfahren erhob die AG Klage und beantragte die Zahlung eines Kostenvorschusses i. H. v. 340.000,00 € zur Beseitigung der festgestellten Mängel. Darüber hinaus begehrte sie die Feststellung, dass die AN auch den Betrag erstattet, um den die Mangelbeseitigungskosten den Betrag von 340.000,00 € übersteigen. Die AN machte Einwände gegen die Berechnung des Vorschusses geltend. Insbesondere trug sie vor, dass der Mangel kostengünstiger als nach dem Vorschlag des Sachverständigen beseitigt werden könne.

Das erstinstanzliche Urteil des Landgerichts Krefeld gab der Klage vollumfänglich statt. Gegen diese Entscheidung legte die Auftragnehmerin Berufung ein.

Entscheidung

Ohne Erfolg. Das OLG Düsseldorf spricht der Auftraggeberin den geltend gemachten Vorschussanspruch vollumfänglich zu.

Der Vorschussanspruch ist nach den voraussichtlich anfallenden erforderlichen Aufwendungen zu bemessen. Bei der Berechnung sind die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit entstehenden Kosten maßgeblich. Streiten die Parteien über die Frage, ob der Vorschuss nach einer günstigeren oder teureren Mängelbeseitigungsmethode zu bemessen ist, muss darüber Beweis erhoben werden, ob der Mangel nur mit der teureren Methode behoben werden kann.

Der Auftraggeber trägt zwar die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe der Mangelbeseitigungskosten. Bei der Bemessung von Vorschuss müssen indessen auch weitere Aspekte berücksichtigt werden. So sind bei einer bereits durchgeführten Mangelbeseitigung auch die überhöhten Kosten zu ersetzen, wenn der Besteller sie für erforderlich halten durfte, da die Ersatzpflicht des Unternehmers erst an der Grenze des Mitverschuldens endet. Dies gilt ebenso für die Art der Mangelbeseitigung. Der Besteller darf sich auf die Beratung von Fachleuten verlassen. Insbesondere muss er keine Mangelbeseitigungsmethode wählen, deren Erfolg unsicher ist. Der Auftraggeber kann schließlich die Mängelbeseitigungsmethode wählen, die Mängel sicher und nachhaltig beseitigt.

Die Bemessung des Vorschussanspruchs war im vorliegenden Fall nicht zu beanstanden. Dem von der AN vorgeschlagenen kostengünstigeren Sanierungsvorschlag fehlte es an einem Eignungsnachweis. Es war somit nicht klar, ob der Mangel durch die vorgeschlagene Sanierung ordnungsgemäß und nachhaltig beseitigt werden würde. Der AG muss sich nicht auf Experimente einlassen, auch wenn der Mangel sich dadurch günstiger beseitigen ließe.

Praxis

Das Urteil des OLG Düsseldorf zeigt auf, dass sich der Auftraggeber nicht alles entgegenhalten lassen muss. Insbesondere muss er nicht auf experimentelle Mängelbeseitigungsvorschläge des Auftragnehmers eingehen. Liegen Mängel am Werk vor, hat der Auftraggeber das Recht, diese ordnungsgemäß und fachmännisch beseitigen zu lassen. Der Erfolg und die Nachhaltigkeit der Mängelbeseitigung stehen hierbei im Vordergrund. Etwaige bestehende Bedenken hinsichtlich vorgeschlagener Mängelbeseitigungsmethoden des Auftraggebers können durch eine eingehende rechtliche Prüfung ausgeräumt werden.

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Viktoria Rother

Viktoria Rother

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