OLG Brandenburg zur Qualifizierung von Architekten- und Ingenieurverträgen

Mit Beschluss vom 21.01.2020 (Az. 12 U 69/19) hat das Oberlandesgericht Brandenburg den Grundsatz dargestellt, dass Architekten- und Ingenieurverträge zwar typischerweise, nicht aber zwangsnotwendig als Werkverträge zu qualifizieren sind.  

Der Sachverhalt

In dem zu Grunde liegenden Sachverhalt hatte ein Bauherr ein Ingenieurbüro mit Projektsteuerungsleistungen beauftragt. Danach schloss der Bauherr einen Generalunternehmervertrag ab. Im weiteren Verlauf wurde das Ingenieurbüro von dem Generalunternehmer nicht mit der Ausführungsplanung betraut. Die Beauftragung des Ingenieurbüros durch den Generalunternehmer umfasste lediglich die Erbringung begleitender Ingenieurdienstleistungen und beratender Begleitung. Es wurde eine Pauschalvergütung vereinbart. Nach Fertigstellung des Bauvorhabens verweigerte der Generalunternehmer die Schlusszahlung. Der Ingenieur erhob Klage gegen den Generalunternehmer. Das Landgericht Frankfurt (Oder) gab der Klage mit Urteil vom 29.03.2019 (Az. 12 O 94/17) statt. Dagegen wandte sich der Generalunternehmer mit der Berufung.

Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht Brandenburg wies die Berufung der Beklagten wegen offensichtlicher Unbegründetheit zurück. Der Vertrag sei als Dienstvertrag im Sinne von § 611 BGB zu qualifizieren. Der Senat führt in seinem Beschluss aus, dass Verträge mit Architekten im Regelfall als Werkverträge anzusehen seien (BGH, Urteil v. 22.10.1981 – VII ZR 310/79). Eine generalisierende Betrachtung verbiete sich jedoch. Denn um einen Architekten- bzw. Ingenieurvertrag einem der im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten Vertragswerke zuzuordnen zu können, müsse zwingend auf die konkrete Vertragsgestaltung im Einzelfall abgestellt werden. Entscheidend sei stets die konkrete Vereinbarung der Parteien, deren Wortlaut der Auslegung zu unterziehen ist. Maßgebliches Instrument der Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag ist die Frage, ob nur eine Leistung als solche oder ein konkreter Erfolg geschuldet war.

Der Senat traf die Feststellung, dass die Klägerin – wie eingangs erörtert – der vertraglichen Vereinbarung nach lediglich begleitende Ingenieurdienstleistungen sowie eine beratende Begleitung schuldete. Dabei handele es sich um im Bauablauf noch zu konkretisierende Tätigkeiten und folglich nicht um die Übernahme eines konkreten Erfolges. Auf Grund dessen gelang der Senat zu der Einschätzung, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag als Dienstvertrag zu qualifizieren sei. Der Vergütungsanspruch der Klägerin richte sich nach § 611 Abs. 1 BGB.

Da die Auftragnehmerin, nur die (Dienst-)leistung als solche schuldete, genügte sie ihrer Darlegungslast bereits indem sie vortrug, dass sie sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten hatte, um Arbeitsanweisungen zu befolgen. Denn die weitere Konkretisierung der zu leistenden Arbeit obliegt dem Auftraggeber. Ihm kommt im Rahmen eines Dienstvertrages das Weisungsrecht zu. Die Beklagte konnte indes nicht darlegen, dass sie die Klägerin im Rahmen ihres Weisungsrechts mit Leistungen beauftragt hatte, die die Klägerin vertragswidrig nicht erbracht hat. So sprach auch das Oberlandesgericht der Klägerin den vollen Vergütungsanspruch zu.

Fazit

Der Beschluss des Oberlandesgerichts Brandenburg verdeutlicht, dass auch bei Architekten- und Ingenieurverträgen nicht pauschal von dem Typus des Werkvertrages ausgegangen werden darf. Stets geboten ist die Betrachtung des Einzelfalls. Wie gewöhnlich, ist im Wege der Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag zu fragen, ob nur eine Leistung als solche oder auch ein konkreter Leistungserfolg geschuldet ist. Dies ist im Wege der Auslegung zu ermitteln.

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Dr. Carolin Dahmen

Dr. Carolin Dahmen

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