Die Erstellung eines Rechtsgutachtens kann eine Werkleistung darstellen

Mit Beschluss vom 12.10.2021, Az. 24 U 265/20, hat das OLG Düsseldorf den Vergütungsanspruch eines Rechtsanwalts abgelehnt. Der mit der Erstellung eines Rechtsgutachtens beauftragte Anwalt schuldete entgegen seiner Ansicht keine Beratung, sondern einen Werkerfolg.

Sachverhalt

Ein Rechtsanwalt wurde von seinem Mandanten mit der Erstellung eines Gutachtens zu den strafrechtlichen Risiken eines von diesem mit einem Vertragspartner abgeschlossenen Vergleichs i. H. v. 11,8 Mio. Euro beauftragt. Der Rechtsanwalt selbst wiederum beauftragte einen im Zivilrecht versierten Rechtsanwalt damit, die mehrtausendseitige Aktenlage in tatsächlicher und vor allem in zivilrechtlicher Hinsicht aufzubereiten und ihm das Ergebnis eine Woche vor der geplanten Präsentation zur Verfügung zu stellen. Der beauftragte Rechtsanwalt erstattete sein 32 Seiten langes Gutachten, mit dessen Ausarbeitung er am 21.08.2015 begonnen hatte, in der Aufsichtsratssitzung vom 27.08.2015 und erhielt hierfür ein Honorar von 46.000,00 Euro. Der mit der Aufarbeitung der zivilrechtlichen Fragen betraute Rechtsanwalt hatte das von ihm geschuldete Gutachten, welches viereinhalb Seiten lang war, erst am Nachmittag des 25.08.2015 zur Verfügung gestellt. Folglich konnte das zivilrechtliche Gutachten nicht in das geschuldete Gutachten zu strafrechtlichen Fragestellungen einbezogen werden. Gleichwohl verlangte der Rechtsanwalt hierfür die vereinbarte Vergütung von 23.000,00 Euro. Die Klage hatte jedoch keinen Erfolg.

Entscheidung

Mit Beschluss vom 12.10.2021, Az. 24 U 265/20, führt das OLG Düsseldorf aus, dass es sich bei dem zwischen den Rechtsanwälten vereinbarten Vertrag um einen Werkvertrag handelt. Demnach lag vorliegend der Erfolg der Werkleistung darin, dass das Gutachten zu den zivilrechtlichen Fragestellungen rechtzeitig zur Verfügung gestellt wird, um die Ergebnisse in das maßgeblich zu erstellende Gutachten zu den strafrechtlich relevanten Fragestellungen einfließen zu lassen. Da das geschuldete zivilrechtliche Urteil jedoch erst am 25.08.2015 zur Verfügung gestellt worden ist und zudem nicht hinreichend ausführlich erstellt worden war, konnte es im Rahmen des für den Mandanten vorzubereitenden Gutachtens nicht berücksichtigt werden. Geschuldet war, dass das zivilrechtliche Gutachten eine Woche vor der Aufsichtsratssitzung übermittelt wird. Folglich war ein Werkerfolg nicht gegeben, sodass eine Vergütung des Rechtsanwalts ausschied.

Praxishinweis

Der Anwaltsvertrag stellt regelmäßig einen Dienstvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter gem. §§ 611, 675 BGB dar. Ist jedoch ein konkreter Arbeitserfolg, wie in dem vorliegenden Fall ein Rechtsgutachten, geschuldet, liegt nach der Rechtsprechung ein Werkvertrag vor.

Insoweit ist die Abgrenzung der Vertragstypen für die Beurteilung eines Vergütungsanspruches relevant: Während eine Dienstleistung auch dann zu vergüten ist, wenn sie Mängel aufweist, setzt die Vergütungspflicht bei einer Werkleistung die Abnahmefähigkeit der Leistung voraus. An dieser Voraussetzung scheitert vorliegend ein Vergütungsanspruch des Zivilrechts. Darüber hinaus handelte es sich bei dem streitgegenständlichen Vertrag zwischen den Anwälten um ein sog. absolutes Fixgeschäft, sodass bei Nichteinhaltung des vereinbarten Zeitpunktes für die Leistungserbringung Unmöglichkeit i. S. d. § 275 BGB eintrat. Demnach ist der Anspruch auf die Vergütung nach § 326 Abs. 1 BGB automatisch entfallen.

Zurück
Dr. Carolin Dahmen

Dr. Carolin Dahmen

T: +49 221 95 190-64
ZUM PROFIL