Verzichtet der Auftraggeber nachträglich auf zuvor vereinbarte Leistungen eines Ein-heitspreisvertrags und werden diese Leistungen dann einvernehmlich nicht ausge-führt, liegt keine die Vergütung beeinträchtigende Mengenminderung i. S. d. § 2 VOB/B vor. Für diese Abrechnung dieser „Nullpositionen“ kommt grundsätzlich nur § 8 VOB/B bzw. § 648 BGB (analog) in Betracht, so das OLG Hamm in seinem Urteil vom 05.07.2024 – 12 U 95/22.
Sachverhalt
Der Auftragnehmer (AN) beauftragt den Auftraggeber (AG) unter Einbeziehung der VOB/B mit dem Einbau von Metallbaufenstern auf Einheitspreisbasis. Hierzu teilt der AG dem AN mit, dass die Leistungen der Positionen 02.20 und 02.29 zu einem Angebotspreis von 1.971,00 € bzw. 1.717,00 € des Auftrags-LV nicht zur Ausführung gelangen sollen, weil an deren Stelle Lamellen-Lüftungsgitter montiert werden. Daraufhin erstellt der AN eine neue Schlussrechnung, in der er unter Pos. 02.20 für die entfallenen Fensterelemente 50 % des ursprünglichen Auftragspreises ausweist. Der AN begründet dies damit, dass eine Rücknahme und Stornierung des Materials nicht möglich sei. Der AN verlangt wegen des Entfalls der beiden LV-Positionen restlichen Werklohn i. H. v. insgesamt 1.844,00 €, die der AG nicht bezahlt. Das Landgericht hat die Klage des AN mit der Begründung abgewiesen, der AN habe die Voraussetzungen einer Preisanpassung gem. § 2 Abs. 3 VOB/B nicht hinreichend dargelegt. Hiergegen wendet sich der AN mit der Berufung.
Entscheidung
Mit Erfolg!
Nach Auffassung des OLG Hamm stehe dem AN unter Umständen ein Zahlungsanspruch aus § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B zu, wenn Leistungspositionen im VOB/B-Einheitspreisvertrag entfallen. Dies gelte jedoch nicht, wenn der AG auf die Ausführung einer bestimmten Position verzichtet (in Fortführung der Rechtsprechung des OLG München Urteil vom 02.04.2019 – 28 U 413/19). Ein seitens des AG angeordneter Wegfall einer LV-Position stelle keine (unwillkürliche) Mengenminderung i. S. d. § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B dar, die das Äquivalenzinteresse stört. Die Positionen seien nämlich nicht aufgrund einer Fehleinschätzung der für die Ausführung der Bauleistung erforderlichen Menge aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten entfallen, sondern allein auf Veranlassung des AG. Diese sogenannten „Nullpositionen“, die nicht unter § 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B fallen, seien direkt oder analog nach § 8 VOB/B bzw. § 648 BGB abzurechnen. Der AN habe danach Anspruch auf die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen. Durch Anwendung der vorgenannten Vorschriften werde dem Umstand Rechnung getragen, dass die Grundlage der genauen Kalkulation des AN der Gesamtauftrag war, die durch eine Teilkündigung ihre Grundlage verlieren würde.
Praxishinweis
§ 2 Abs. 3 Nr. 3 VOB/B ist im Übrigen in solchen Fällen nicht anwendbar, in denen der AG erklärt, bestimmte LV-Positionen selbst übernehmen oder mit dessen Ausführung einen anderen Unternehmer beauftragen zu wollen. Solche Leistungsübernahmen unterfallen § 2 Abs. 4 VOB/B. Danach gilt, wenn nichts anderes vereinbart ist, § 8 Abs. 1 Nr. 1 VOB/B entsprechend. Im Ergebnis hat der AN Anspruch auf die volle Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen und eines anderweitigen Erwerbs für die entfallene LV-Position.