Baustellenrisiko Architekt? Warum der Auftragnehmer den Bauherrn schützen muss!

Ein Bauunternehmer wird nicht deshalb von der Pflicht entbunden, auf Mängel in der Bauplanung hinzuweisen, weil der für den Bauherrn tätige Architekt sowohl mit der Planung als auch mit der Bauaufsicht betraut ist. Im Gegenteil, wenn die Planung des Architekten mangelhaft ist, muss der Bauunternehmer den Bauherrn persönlich unverzüglich auf den Mangel hinweisen. So das Urteil des OLG Schleswig vom 20.12.2024 - 1 U 85/22.

Sachverhalt

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) mit der Ausführung von Rohbauarbeiten für ein Wohnhaus. Das dem Vertrag zugrunde gelegte Bodengutachten enthält u. a. den Hinweis, dass eine Kellerabdichtung gemäß DIN 18 195 Teil 6 erforderlich ist oder alternativ der Keller aus WU-Beton ausgeführt werden muss. Der mit der Planung und der Bauaufsicht beauftragte Architekt sieht in seinem Plan vor, den Keller aus wasserdichtem Beton zu errichten, der mit bodentiefen Fenstern und Lichtschächten aus Fertigbetonteilen ohne Boden ausgestattet wird. Der AN führt den Einbau gemäß der Planung durch. Nach Fertigstellung kommt es zu einem Wasserschaden, bei dem Wasser durch die Kellerfenster eindringt. Der AG verlangt vom AN Vorschuss und Minderwert von über 100.000,00 €. Der AN verteidigt sich mit der Behauptung, die Herstellung eines wasserundichten Bauwerks, und so auch Einbauteile wie druckfeste Fenster, seien Teil der Planung des Architekten. Der AN habe nicht erkennen können, dass eine mangelfreie Herstellung nicht möglich sei. Auch treffe ihn keine Hinweispflicht, da der AG durch den bauleitenden Architekten fachlich beraten war. Eine Verletzung der Hinweispflicht sei ferner nicht kausal, weil der Architekt seine Planung ohnehin nicht geändert hätte.

Entscheidung

Das OLG folgt dieser Argumentation nicht. Die Lichtschächte ohne Boden sind nicht druckwasserdicht und verstoßen daher gegen die DIN 18 195-6. Die Leistung des AN ist somit mangelhaft. Zwar entspricht dies der konkreten Ausführung der Planung. Allerdings ist der AN für den Mangel verantwortlich, weil er seiner Prüfungs- und Hinweispflicht nicht nachgekommen ist, obwohl für ihn die fehlerhafte Planung in der konkreten Situation erkennbar war. Die Hinweispflicht entfällt auch deshalb nicht, weil der AG durch einen Architekten fachlich beraten war. Sie entfällt nur, wenn sich der AN darauf verlassen darf, dass dem fachlich beratenen AG das Mangelrisiko bewusst war. Davon ist vorliegend nicht auszugehen. Zudem ist der Bedenkenhinweis jedenfalls direkt an den AG zu richten, wenn – wie hier – Bedenken gegen die Anordnungen oder Planungen des Architekten selbst bestehen. Es ist irrelevant, ob der Architekt seine Planung bei einem Hinweis des AN geändert hätte. Entscheidend für einen Wegfall des Zurechnungszusammenhangs wegen eines rechtmäßigen Alternativverhaltens ist vielmehr, dass der AG bei einem Hinweis des AN auf eine Änderung der Planung bestanden hätte.

Praxishinweis

Der beauftragte Bauunternehmer sollte sich stets seiner Prüfungs- und Hinweispflichten bewusst sein, auch wenn die Planung durch einen Architekten erfolgt. Selbst wenn die Ausführung der Arbeiten der Planung entspricht, haftet der AN für Mängel, wenn diese durch Fehler in der Planung verursacht wurden, die für ihn erkennbar gewesen sind. In solchen Fällen muss der AN den AG aktiv auf die Fehler hinweisen und Bedenken gegenüber der Planung oder Ausführung anmelden und zwar direkt gegenüber dem Bauherrn – auch wenn der AG fachlich beraten wird. Nur so lässt sich eine Haftung für den AN vermeiden.

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Cristina Duplava

Cristina Duplava

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