Bauleitung ist keine Bauüberwachung!

Die Grundleistungen der Objektüberwachung nach HOAI-Leistungsphase 8 sind strikt von den Tätigkeiten des Architekten als verantwortlicher Bauleiter zu unterscheiden. So das OLG Frankfurt mit Urteil vom 11.05.2023 (Az. 22 U 19/22).

Sachverhalt

Die Parteien sind über einen Architektenvertrag miteinander verbunden. Es besteht Streit über den vertraglich geschuldeten Leistungsumfang. Architekt (A) rechnet im Rahmen seiner Honorarabrechnung Tätigkeiten als „Bauleiter“ i. H. v. 197.176,94 € ab. Dabei setzt er 32 % für Grundleistungen der Leistungsphase 8 (Objektüberwachung) an. Besteller (B) wendet ein, dass die Tätigkeit als „Bauleiter“ keine Leistungen gemäß Leistungsphase 8 der HOAI umfasse und ein Honoraranspruch insoweit ausscheidet. Gegen das die Honorarklage des A abweisende Urteil des Landgerichts legt A Berufung ein.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Nach Auffassung des OLG Frankfurt wurde A nicht mit den Grundleistungen der Leistungsphase 8 beauftragt, sondern ausschließlich mit der hiervon zu unterscheidenden Bauleitung i. S. d. § 59 HBO. Die Leistungspflicht des Objektüberwachers betrifft die Ausführung des Objekts entsprechend der zivilrechtlichen Vereinbarung mit dem Bauherrn (vgl. OLG Jena, IBR 2010, 462) unter Einhaltung der in Anlage 10.1 zu § 34 Abs. 4 HOAI näher beschriebenen Grundleistungen der Leistungsphase 8. Der Bauleiter hat hingegen nach § 59 HBO darüber zu wachen, dass die Ausführung der Baumaßnahmen den öffentlich-rechtlichen Anforderungen entspricht und die hierfür erforderlichen Weisungen zu erteilen. Der Bauleiter ist für den sicheren Betrieb der Baustelle, sowie das gefahrlose Ineinandergreifen aller Arbeiten verantwortlich. Der Architekt und verantwortliche Bauleiter A nimmt insoweit die öffentlichen Pflichten gegenüber der Bauaufsichtsbehörde wahr.

Praxishinweis

Die vorstehende Entscheidung zeigt die unterschiedlichen Leistungspflichten des Bauleiters und des Bauüberwachers auf. Macht der Architekt als verantwortlicher Bauleiter Honoraransprüche für vereinbarte Leistungen geltend, die nach jeweiligem Landesrecht (für NRW ist die Vorschrift des § 56 Abs. 1 BauO NRW maßgeblich) über die Grundleistungen der Leistungsphase 8 hinausgehen, so hat er diese nach Anlage 10.1 HOAI preisrechtlich als besondere Leistung abzurechnen. Dabei gilt es jedoch diejenigen Leistungen, die über das jeweilige Landesrecht hinausgehen und einen Honoraranspruch wegen besonderer Leistungen begründen, genau zu bestimmen und die über die Leistungsphase 8 hinausgehenden erbrachten Leistungen darzulegen.

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Viktoria Rother

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