Abschlagsforderungen haben stets vorläufigen Charakter!

Das OLG Hamburg hat mit seinem Urteil vom 27.11.2020 betont, dass mit der Bezahlung von Abschlagsrechnungen die Annahme, die enthaltenen Positionen seien anerkannt, nicht gerecht-fertigt ist.

Sachverhalt

Die Klägerin, ein Unternehmen, welches Bodenbeläge liefert und verlegt, hat mit der Beklagten für ein Bauvorhaben in Hamburg einen Vertrag über Parkett- und Bodenbelagsarbeiten zu einer Pauschalvergütung vereinbart. Die Parteien vereinbarten, dass die Klägerin die Montage des Parketts und der Bodenbeläge auf Abruf erbringen sollte, wobei das Parkett nach Abruf binnen 138 Werktagen und die Bodenbeläge nach Abruf binnen 72 Werktagen fertigzustellen waren. Die Vorgewerke verzögerten sich jedoch. Deshalb rief die Beklagte die Leistungen nicht innerhalb der vereinbarten Zeit ab. Die Klägerin teilt mit, dass sich die Preise um 7,5 % erhöht haben. Die Klä-gerin fordert einen Kalkulationsnachweis. Der Kläger legt das Schreiben eines Lieferanten vor, wonach sich die Materialpreise um 7,5% erhöht hätten. Darauf antwortete die Beklagte nicht und eine ausdrückliche Einigung über die Preiserhöhung kam nicht zu Stande. Die Klägerin will die Preiserhöhung (rund 42.000 Euro) klageweisedurchsetzen. Die Klägerin beruft sich auf eine kon-kludente Vereinbarung. Die Beklagte habe grundsätzlich Bereitschaft erkennen lassen, eine Preiserhöhung zu akzeptieren, indem alle Abschlagsrechnungen bezahlt worden sind. Die Ab-schlagsrechnungen hätten ab der zweiten Rechnung erhöhte Einheitspreise ausgewiesen. Hier stellte sich nun die Frage, ob die Beklagte die Preiserhöhung gegen sich gelten lassen muss.

Entscheidung

Nein! Die Beklagte hat mit dem Ausgleich der Abschlagsrechnungen die Preiserhöhung nicht anerkannt und auch nicht einer Vertragsänderung zugestimmt. Eine Vertragsänderung oder ein Anerkenntnis können insbesondere nicht aus Abschlagszahlungen hergeleitet werden. Mit der Zahlung auf Abschlagsrechnungen werden die in den Rechnungen enthaltenen Positionen nicht unstreitig gestellt. Abschlagsrechnungen haben vorläufigen Charakter. Da über die erbrachten Leistungen noch mit der Stellung einer Schlussrechnung abschließend entschieden wird, recht-fertigt die Leistung auf Abschlagsrechnungen nicht die Annahme eines Anerkenntnisses der darin enthaltenen Positionen.

Praxis

Die Entscheidung zeigt auf, dass der Besteller nachträglich Leistungen bestreiten darf, für die Abschlagszahlungen erbracht worden sind. Gerade wegen der Vorläufigkeit von Abschlagsrech-nungen, gelten weniger strenge Anforderungen an die Prüfbarkeit von Abschlagsrechnungen. Dieses Verständnis im Hinblick auf Abschlagsrechnungen wahrt die Interessen beider Parteien: Der Besteller verliert mit der Zahlung auf eine Abschlagsrechnung keine Rechtsposition, der Auf-tragnehmer profitiert vom regelmäßigem Zahlungsfluss.

Zurück
Dr. Carolin Dahmen

Dr. Carolin Dahmen

T: +49 221 95 190-64
ZUM PROFIL