Jeder Mensch hat mittlerweile einen umfangreichen digitalen Fingerabdruck. Daher hat die Internetrecherche über Bewerber für Arbeitgeber zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Fülle an online verfügbaren Informationen ermöglicht es Unternehmen, zusätzliche Erkenntnisse über Kandidaten zu gewinnen, die über die eingereichten Bewerbungsunterlagen hinausgehen. Hierbei darf die Suche aber nicht „frei heraus“ erfolgen. Was es zu beachten gibt, stellt der nachfolgende Beitrag kursorisch vor.
Rechtliche Rahmenbedingungen
Bei der Nutzung von Suchmaschinen und sozialen Medien zur Bewerberrecherche müssen Arbeitgeber einige wichtige datenschutzrechtliche Aspekte beachten:
Die Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen des Bewerbungsverfahrens ist grundsätzlich nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. b DSGVO erlaubt, sofern sie für vorvertragliche Maßnahmen erforderlich ist. Allerdings muss der Arbeitgeber dabei das Kriterium der Erforderlichkeit einhalten und primär auf weniger eingreifende Mittel zurückgreifen.
Bei der Nutzung öffentlich zugänglicher Quellen unterliegt der Arbeitgeber der Informationspflicht gemäß Art. 14 DSGVO. Er muss den Bewerber über die Datenerhebung, den Zweck der Verarbeitung sowie die Kategorien der verarbeiteten Daten informieren. Diese Information muss präzise genug sein, damit der Bewerber die damit verbundenen Risiken einschätzen kann. Nicht ausreichend wäre die bloße Mitteilung der Erhebung zur Bewerbungsentscheidung.
Weiter sind neben diesen datenschutzrechtlichen Grenzen die vom BAG entwickelten Grundsätze zu berücksichtigen, wonach im Bewerbungsverfahren Fragen nach personenbezogenen Daten nur zulässig sind, wenn arbeitgeberseitig ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Informationsbeschaffung besteht. Bei dieser Abwägung ist auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Bewerbers zu berücksichtigen.
Allgemein zugängliche Informationen (etwa das „Googeln”) können daher einen zulässigen „Background-Check” darstellen, demgegenüber ist aber die Recherche in sog. sozialen Netzwerken, soweit es sich nicht um berufliche Netzwerke handelt, regelmäßig unzulässig.
Für jede Maßnahme im „Pre-Employment-Screening“ ist zu bewerten, ob dies die vorgenannten Grenzen einhält.
Praktische Umsetzung
Arbeitgeber sollten bei der Internetrecherche über Bewerber daher folgende Punkte stets beachten:
- Berufliche vs. private Netzwerke:
In beruflichen Netzwerken wie LinkedIn oder Xing ist eine Recherche eher zulässig als in freizeitorientierten Netzwerken wie Facebook oder Instagram. - Grenzen beachten:
Höchstpersönliche Daten wie Informationen über das Intimleben, die finanzielle Situation, Religion oder ethnische Herkunft dürfen grundsätzlich nicht erhoben werden. - AGB prüfen:
Manche soziale Netzwerke verbieten in ihren AGB die Nutzung von Informationen für Personalentscheidungen. - Transparenz gewährleisten:
Unternehmen sollten klare Richtlinien zur Dokumentation und Information von Internetrecherchen im Bewerbungsverfahren etablieren. Stellen Sie sicher, dass alle am Rekrutierungsprozess beteiligte Mitarbeiter die rechtlichen und ethischen Richtlinien kennen und befolgen.
Mangelnde Information kann Entschädigung zugunsten Bewerber auslösen
Dass insbesondere die datenschutzrechtlichen Vorgaben zu beachten sind, zeigt ein aktueller Fall des LAG Düsseldorf (v. 10.04.2024 – 12 Sa 1007/23). Vor allem öffentliche Arbeitgeber sollten insbesondere die Informationspflicht nach Art. 14 DSGVO einhalten.
In dem Verfahren stritten die Parteien über einen Entschädigungsanspruch nach einem Stellenbesetzungsverfahren.
Die öffentliche Arbeitgeberin hatte in ihrer Auswahlentscheidung vermerkt, dass sie durch eine Internetrecherche von einer nicht rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung eines Bewerbers erfahren hatte. Aufgrund dieser Information stufte sie den Bewerber als ungeeignet ein. Die Recherche wurde durchgeführt, nachdem ein Mitarbeiter den Namen des Bewerbers erkannt hatte. Letztendlich entschied sich die Arbeitgeberin für eine andere Bewerberin, die sie als fachlich kompetenter einschätzte.
Das LAG entschied zwar, dass die Arbeitgeberin die andere Bewerberin für fachlich kompetenter einschätzen durfte. Allerdings kam das Gericht auch zu dem Schluss, dass die Arbeitgeberin gegen gesetzliche Vorschriften bei der Informationsbeschaffung durch die Google-Suche verstieß. Der Verstoß bestand darin, dass die Arbeitgeberin den Bewerber nicht gemäß Art. 14 Abs. 1 lit. d DSGVO über die spezifische Datenkategorie (hier: strafrechtliche Verurteilung) informiert hatte. Da die Arbeitgeberin diese Daten dennoch im Auswahlverfahren verwendete, hat der Bewerber nach dem LAG einen Entschädigungsanspruch gegen die öffentliche Arbeitgeberin.
Das Fazit
Noch steht nicht fest, ob das BAG die Entscheidung des LAG Düsseldorf bestätigen wird. Ebenso ist nicht festgestellt, ob die Entscheidung auf private Arbeitgeber übertragbar ist. Dennoch sollten Unternehmen proaktiv handeln. Es kann vorteilhaft sein, Bewerber bereits im Vorfeld über mögliche Datenerhebungen zu informieren und sämtliche gesammelten Informationen bereitzuhalten. Insbesondere wenn der Arbeitgeber routinemäßig bestimmte Arten personenbezogener Daten prüft, sollte er diese gemäß den Bestimmungen der DSGVO dem Kandidaten offenlegen.
Ferner empfiehlt sich, klare Richtlinien für die grundsätzliche Internetrecherche sowie deren Erfassung und Kommunikation während des Rekrutierungsprozesses zu etablieren, um datenschutzrechtliche Verstöße zu verhindern.
Gerne unterstützen wir Sie bei der Etablierung solcher Richtlinien und Prozessbeschreibungen!