VG Arnsberg klärt mit Beschluss vom 29.08.2018 (Az.: 8 L 285/18) die Reichweite der Bindungswirkung des Windenergie-Erlasses NRW

Mit Beschluss vom 29.08.2018 hat das VG Arnsberg klargestellt, inwieweit sich Genehmigungsbehörden in ihrer Entscheidung betreffend die Errichtung und den Betrieb von Windenergieanlagen auf den Windenergie-Erlass NRW stützen dürfen. Die pragmatisch verkürzte Antwort lautet: nach außen hin sichtbar, gar nicht.

Hintergrund

Der jüngste Vorstoß der Bundesregierung in ihrem Klimapaket, bundeseinheitlich Mindestabstände von 1.000 m von Windenergieanlagen zu Wohngebieten festzulegen, verbunden mit einer Opt-Out-Regel zugunsten der Länder und Kommunen, die geringere Abstände festsetzen dürfen sowie die Planung, Kommunen an den finanziellen Erlösen der Windenergieanlagen zu beteiligen, führt dazu, dass das Thema Windenergie ständiger Gegenstand der Tagespresse ist. Die tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten, vor denen eine planende Kommune oder aber die Genehmigungsbehörde stehen, die mittelbar an der Umsetzung der Ziele mitwirken, finden deutlich weniger Beachtung.

DIE ENTSCHEIDUNG

Das VG Arnsberg hatte sich nun in seiner Entscheidung von August 2018 mit einer erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung, betreffend die Errichtung und den Betrieb von vier Windenergieanlagen in einem Landschaftsschutzgebiet einer nordrhein-westfälischen Gemeinde, zu befassen.

Die Genehmigungsbehörde hatte unter Verweis auf Ausführungen des Windenergie-Erlasses NRW eine Genehmigung von vier Windenergieanlagen, welche im Geltungsbereich eines Landschaftsschutzgebietes errichtet und betrieben werden sollten, erteilt.

Bezüglich einer von der Antragstellerin – einem anerkannten Umweltverein – befürchteten Beeinträchtigung des Landschaftsbildes reichten dem VG Arnsberg diese Ausführungen der Genehmigungsbehörde mit Blick auf eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung nicht.

Stattdessen hat das Gericht unterstrichen, dass der ausschließlich behördenverbindliche Windenergie-Erlass NRW lediglich planerische Möglichkeiten aufzeigen will, um den Ausbau von Windenergieanlagen zu ermöglichen und dabei eine Hilfestellung zu einer rechtmäßigen Einzelprüfung leisten soll. Der Erlass selbst statuiere jedoch weder eigene rechtliche Anforderungen noch stelle er bindende Ermessensgrundsätze auf. Denn dass sich eine Behörde gemäß der verwaltungsinternen Verbindlichkeit des Erlasses von den gesammelten Erfahrungswerten leiten lassen solle, um schädliche Umwelteinwirkungen von Windenergieanlagen zu bewerten und denkbare Vorsorgemaßnahmen zu berücksichtigen, habe nicht zur Folge, dass ihr durch den Windenergie-Erlass eine bestimmte Entscheidung vorgegeben werde. Diese erfolge vielmehr auf Basis der jeweiligen Rechtsnormen und der einschlägigen Rechtsprechung.

FOLGEN FÜR DIE PRAXIS

Für die Praxis gilt einmal mehr, dass auch im Windenergie-Erlass formulierte Regelvermutungen im Einzelfall weder von einer dezidierten Prüfung entbinden noch ein bestimmtes Ergebnis vorgeben oder vorhersehbar machen. Der Windenergie-Erlass ist damit verwaltungsintern lediglich eine Hilfestellung oder Wegweiser; nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die dogmatische Richtigkeit der Entscheidung mag außer Frage stehen, der Ausbau der Windenergie an Land und die damit verbundene Erreichung der ehrgeizigen Klimaziele, bleibt in der Umsetzung für die handelnden Behörden jedoch schwierig.