Tariftreueregelung auch für Vergabe öffentlicher Aufträge des Bundes geplant: BMAS legt Referentenentwurf eines Bundestariftreugesetzes vor

Die Bundesregierung beabsichtigt, wie bereits im Koalitionsvertrag angekündigt, die Sicherung der Tariftreue bei der Vergabe öffentlicher Aufträge des Bundes ab einem Schätzwert von 10.000 EUR in einem Bundestariftreuegesetz (BTTG) zu regeln. Hierzu liegt nun ein Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vor. Damit sollen, sofern der Bundestag das Gesetz beschließt, künftig die bereits in zahlreichen Bundesländern geltenden Tariftreueregelungen auch auf Bundesebene nachvollzogen werden. Die neuen Regelungen sollen für alle Branchen gelten. Sie sehen bei Verstößen Vertragsstrafen, eine Nachunternehmerhaftung sowie den Ausschluss vom Vergabeverfahren vor. Für tariflose Branchen findet das Gesetz in seiner derzeitigen Fassung keine Anwendung. Mit inhaltlichen Änderungen im weiteren Gesetzgebungsverfahren ist zu rechnen. Die neuen Regelungen sollen nach dem Willen des BMAS Anfang 2024 in Kraft treten.

Als besonderes Problem bei der Anwendung entsprechender Vorgaben auf Länderebene hatte sich bisher die effektive Kontrolle der Tariftreueversprechen der Auftragnehmer erwiesen. So wird die Einhaltung der Tariftreue im Vergabeverfahren regelmäßig auf einem Formblatt erklärt, das den Vergabeunterlagen beigelegt wird. Die Vergabestellen führen lediglich stichprobenartige Kontrollen durch, in der Regel in maximal 5 % aller Fälle. Damit wird faktisch ein Anreiz geschaffen, die Regeln zu umgehen, da das Entdeckungsrisiko denkbar gering ist. Und aufgrund des chronischen Personalmangels in den Vergabestellen ist nicht damit zu rechnen, dass die damit einhergehenden Kontrolldefizite perspektivisch geringer werden.

Auch im Referentenentwurf des Bundes ist ein stichprobenartiger Kontrollmechanismus vorgesehen, der demjenigen in vergleichbaren Länderregelungen ähnlich gestaltet ist. Die gesetzliche Nachweispflicht der Einhaltung des Tariftreueversprechens durch Auftragnehmer und deren Nachunternehmer entfällt allerdings, sofern diese ein Zertifikat einer Präqualifizierungsstelle vorlegen, das die Einhaltung der gesetzlich geregelten Arbeitsbedingungen, z. B. nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz und zur Tariftreue, bescheinigt. Auch in diesen Fällen sind stichprobenartige Kontrollen vorgesehen.

Der Gedanke der Bundesregierung, die bereits aus der Bauwirtschaft bekannte und dort erfolgreich angewendete Präqualifizierung von Auftragnehmern nach der VOB/A (d. h. Eignungsprüfung im Rahmen öffentlicher Bauaufträge) auf alle Auftragsvergaben des Bundes auszuweiten, weist grundsätzlich in die richtige Richtung. Sofern es gelingt, die Präqualifizierung in einem unbürokratischen, die Auftragnehmer möglichst gering belastenden, Verfahren, z. B. über eine zentrale Datenbank, durchzuführen, könnte hierin ein sinnvoller Beitrag für die dauerhafte Gewährleistung fairen Wettbewerbs auch bei der Erfüllung der gesetzlichen Tariftreuepflicht in Vergabeverfahren liegen. So könnten die Vergabestellen z. B. bei einem präqualifizierten Bauunternehmen, das alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, die entsprechenden Informationen einfach und unbürokratisch über eine Datenbank abrufen. Die Eigenerklärung im Vergabeverfahren könnte entfallen.

Ein praxistaugliches, unbürokratisches Präqualifikationsverfahren auf Bundesebene könnte zudem Vorbildcharakter für entsprechende Regelungen auf Länderebene haben. Denn so könnten die immer wieder anzutreffenden „schwarzen Schafe“ unter den Auftragnehmern, die mit bewusst oder unbewusst falschen Angaben in den Vergabeunterlagen Tariftreuebestimmungen umgehen und damit in Vergabeverfahren erfolgreicher anbieten können, als gesetzestreue Konkurrenten, mit relativ einfachen Mitteln aussortiert werden.