OVG Berlin-Brandenburg zum nachträglichen Wegfall des notwendigen zweiten Rettungsweges

Der nachträgliche Wegfall des notwendigen zweiten Rettungsweges führt nach Beschluss des OVG Berlin-Brandenburg vom 16.05.2019 (Az. OVG 2 S 18.19) zur Baurechtswidrigkeit des Gebäudeteils, für den dieser Rettungsweg erforderlich ist.

Der Fall:

Den Mietern, die eine Dachgeschosswohnung bewohnten, wurde unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Nutzung dieser Wohnung untersagt, da diese nicht über einen zweiten Rettungsweg verfügte. Hiergegen gingen die Mieter (Antragsteller) im Wege des Eilrechtsschutzes im Ergebnis erfolglos vor.

Die Gerichte beider Instanzen sind davon ausgegangen, dass die in Rede stehende Dachgeschosswohnung gemäß der für diese erteilten Baugenehmigung mit zwei Rettungswegen hergestellt werden musste und ursprünglich auch hergestellt worden ist. Hierbei führte der zweite Rettungsweg über eine Balkonanlage und über Rettungsgeräte der Feuerwehr, wobei die Balkonanlage ursprünglich über die angelegte rückseitige Zufahrt zum Gebäude erreichbar gewesen ist. Dieser Rettungsweg ist jedoch im Zuge der späteren Errichtung einer Tiefgaragenanlage weggefallen.

Die Entscheidung:

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat bei seiner Entscheidung erheblich darauf abgestellt, dass nach seiner Überzeugung die streitgegenständliche Dachgeschosswohnung mit einem zweiten Rettungsweg errichtet worden ist, der nachträglich weggefallen ist. Die Antragsteller konnten sich im Ergebnis auch nicht auf Bestandsschutz berufen, da Gegenstand der Baugenehmigung eine rückwärtige Feuerwehrzufahrt war, die im Nachhinein weggefallen ist, in deren Folge der zweite Rettungsweg wegfiel. Die Nutzung der Wohnung im Dachgeschoss ohne zweiten Rettungsweg sei nicht von einem durch diese Genehmigung vermittelten Bestandsschutz umfasst.

Folgen für die Praxis:

Fallen durch Änderungen der baulichen Anlage und deren Außenanlagen notwendige Rettungswege weg, die Bestandteil der ursprünglichen Genehmigung sind, so führt dies zur Baurechtswidrigkeit der Gebäudeteile, für die dieser zweite Rettungsweg erforderlich ist.

Derartige Fälle treten besonders häufig auf, wenn der zweite Rettungsweg über mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbare Stellen sichergestellt wird. Wenn Außenanlagen geändert werden, können diese Stellen oftmals mit den Geräten der Feuerwehr nicht mehr erreicht werden. Hier ist insbesondere zu beachten, dass solche Stellen, die ggf. zum Errichtungszeitpunkt noch mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbar gewesen sind, durch Bepflanzung und Bewuchs in vielen Fällen zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr erreicht werden können. Gleiches gilt für viele im Nachgang vorgenommene Änderungen der Außenanlagen und Stellplätze. Um zu vermeiden, dass der zweite Rettungsweg wegfällt, sollten die Eigentümer/Bauherren sich stets vor Änderungen der baulichen Anlage, insbesondere auch der Außenanlagen, vergewissern, dass durch die Änderungen die Erreichbarkeit der mit Rettungsgeräten der Feuerwehr erreichbaren Stellen nicht verhindert wird. Anderenfalls droht der Verlust des notwendigen zweiten Rettungsweges und – wie im vorliegend erörterten Fall – die Nutzungsuntersagung für die Gebäudeteile, für die dieser zweite Rettungsweg erforderlich ist.