Keine immissionsschutzrechtlichen Betriebsbeschränkungen von einzelnen Windrädern bei einem nebenstehenden Windpark

Ein Betreiber von Windenergieanlagen in Brandenburg ist nicht länger an einen schallreduzierten nächtlichen Betriebsmodus gebunden. Das BVerwG hob entsprechende Nebenbestimmungen zum Lärmschutz in den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen auf (BVerwG, Urteil vom 23.01.2025 – 7 C 4.24).

HINTERGRUND/SACHVERHALT

Zugrunde lag die Klage eines Betreibers von drei Windenergieanlagen in Brandenburg. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung wurde dem Betreiber seitens der beklagten Genehmigungsbehörde – dem Landesamt für Umwelt Brandenburg (LfU) – zwar erteilt, allerdings mit der Nebenbestimmung, die Anlagen nachts nur in einem schallreduzierten Betriebsmodus laufen zu lassen. Dadurch sollten naheliegende Wohngebäude vor einer überhöhten Lautstärke – also einer rechnerischen Überschreitung des Immissionsrichtwerts – durch die Windräder geschützt werden.

Die Besonderheit in diesem Fall: In unmittelbarer Nähe der drei Windräder existiert bereits ein Windpark, in dem 24 weitere Windräder stehen oder zumindest schon genehmigt sind und eine entsprechende Lautstärke verursachen.

Deshalb zielte der Betreiber auf eine Aufhebung der beschriebenen Nebenbestimmung ab. Er war diesbezüglich der Ansicht, dass seine drei Anlagen unter diesen Umständen keinen ausreichenden Lärm verursachen, dass sich die Bewohner der umliegenden Wohngebäude genau von seinen Windrädern gestört fühlen könnten.

DIE ENTSCHEIDUNG

So ähnlich sah es auch das BVerwG. Der Einwirkungsbereich einer immissionsschutzrechtlichen Anlage sei in der TA Lärm abschließend und verbindlich festgelegt. Er beschränke sich auf „Flächen, auf denen die von der Anlage ausgehenden Geräusche einen Beurteilungspegel verursachen, der weniger als 10 dB(A) unter dem für diese Fläche maßgebenden Immissionsrichtwert liegt.“ Nach dieser Definition befinde sich die schutzbedürftige Wohnbebauung außerhalb der Einwirkungsbereiche der Windenergieanlagen. Denn die von den drei Anlagen des Unternehmens jeweils ausgehende Zusatzbelastung liege isoliert betrachtet so weit unterhalb der Richtwerte, dass nach der TA Lärm keines der Wohngebäude im Einwirkungsbereich der Anlagen liege.

Das OVG Berlin-Brandenburg hatte in der Vorinstanz noch argumentiert, eine Situation, die von einer so großen Anzahl bereits einwirkender Anlagen geprägt sei, erfasse die Bestimmungen der TA Lärm zum Einwirkungsbereich nicht. Die vom beklagten LfU mit Rücksicht hierauf durchgeführte Prüfung der Lärmbelastung im Sonderfall und die daraus resultierenden nächtlichen Betriebsbeschränkungen seien daher nicht zu beanstanden.

Das BVerwG entgegnete dem, dass die außerhalb des Einwirkungsbereichs liegende Zusatzbelastung keine Sonderfallprüfung rechtfertige, wenn sie – wie hier – nach der TA Lärm als irrelevant anzusehen ist.

FAZIT/FOLGEN FÜR DIE PRAXIS

Die Entscheidung hat eine enorme Praxisrelevanz und bedeutet eine klare Stärkung der TA Lärm im Immissionsschutzrecht. So wird nochmal eindeutig bekräftigt, dass die Verwaltungspraxis die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Bindungswirkung der normenkonkretisierenden Vorgaben der TA Lärm zu beachten und diese auch entsprechend umzusetzen hat. Es können damit nicht bundeslanddivergierend durch unterschiedliche Erlasse verschiedene Kriterien aufgestellt werden. Maßgebend ist vielmehr die bundesweit einheitlich anwendbare TA Lärm. Für die Beurteilung der immissionsrechtlichen Zulässigkeit kommt es insbesondere auf die dort festgelegten Regelungen an. Folglich wird die bei der Errichtung von Windenergieanlagen sehr häufig bedeutsame Frage der immissionsrechtlichen Zulässigkeit einer klareren Transparenz zugeführt. Jedoch wird in diesem Zuge auch noch einmal deutlich, wie problematisch das Kriterium der Immissionen bei der Verwirklichung von Windenergieanlagen sein kann und wie entscheidend deshalb eine frühzeitige rechtliche Beratung in der Entwicklung des Windenergievorhabens ist.

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Alexander Bungart

Alexander Bungart

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