Entscheidung des Monats Vergaberecht | Vertrauensschutz bei positiver Eignungsprüfung

Die Auftraggeber, 14 Bundesländer, schrieben die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Betrieb, Bereitstellung und Weiterentwicklung einer Bezahlkarte, insbesondere für Asylbewerber, unionsweit aus. Bieter 1 wandte sich gegen die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung zugunsten von Bieter 2 und rügte dabei unter anderem dessen mangelnde Eignung.

Der Fall

Die Auftraggeber, 14 Bundesländer, schrieben die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Betrieb, Bereitstellung und Weiterentwicklung einer Bezahlkarte, insbesondere für Asylbewerber, unionsweit aus. Bieter 1 wandte sich gegen die beabsichtigte Zuschlagsentscheidung zugunsten von Bieter 2 und rügte dabei unter anderem dessen mangelnde Eignung.

Die sofortige Beschwerde von Bieter 1 beim OLG Karlsruhe blieb ohne Erfolg (Beschluss vom 20.09.2024 – 15 Verg 9/24). Ein Wertungsausschluss des Angebots von Bieter 2 mangels Eignung komme nicht mehr in Betracht, weil Bieter 2 auf die positive Eignungsprüfung im Rahmen des Teilnahmewettbewerbs vertrauen dürfe. Insbesondere könne die einmal festgestellte Eignung bei gleichbleibender tatsächlicher Grundlage nicht im weiteren Verfahren abweichend beurteilt werden. Das OLG Karlsruhe sieht dabei keinen Konflikt zwischen Vertrauensschutz und dem Gebot eines effektiven Rechtsschutzes. Insbesondere sei Bieter 1 durch die Feststellung der Eignung von Bieter 2 kein Schaden entstanden, da letztlich beide Bieter zur Angebotsabgabe aufgefordert wurden. Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass die Teilnahme von Bieter 2 auch für den Fall, dass dieser über keine ausschreibungskonforme Referenz verfüge, Bieter 1 nicht bei der Angebotsabgabe behindere.

Bedeutung für die Praxis

Das OLG Karlsruhe bestätigt mit dem Hinweis auf den Vertrauensschutz bei vollzogener positiver Eignungsprüfung im zweistufigen Verfahren die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 29.03.2021 – Verg 9/21). Das OLG Düsseldorf hatte in einem vergleichbaren Fall einen sich aus Treu und Glauben ergebenden Vertrauenstatbestand für begründet gehalten, weil kein Bieter damit rechnen müsse, dass der durch die Teilnahme am Verfahren entstandene Aufwand nachträglich durch Neubeurteilung der Eignung bei gleichbleibendem Sachverhalt nutzlos wird. Somit hätten Mitbieter die fehlerhafte Bejahung der Eignung eines objektiv ungeeigneten Bieters im Ergebnis hinzunehmen.

Vor allem mit Blick auf die Annahme des OLG Karlsruhe zum vermeintlich fehlenden Schaden bei Bieter 1 kann dessen Argumentation zum Vertrauensschutz nicht überzeugen. Beachtung verdient außerdem, dass das Gericht, wie auch das OLG Düsseldorf, einen zwingenden Ausschlussgrund, die fehlende Eignung, dahinstehen lässt und der Auffassung ist, es komme hierauf wegen des gesetzten Vertrauenstatbestandes gar nicht an. In der Konsequenz können also auch Bieter den Zuschlag erhalten, deren Eignung nach § 122 GWG nicht gegeben ist. Diese würden damit mit zumindest zweifelhafter rechtlicher Begründung bessergestellt, als dies bei ordnungsgemäßer Eignungsprüfung der Fall gewesen wäre. Der zu Unrecht nicht ausgeschlossene Bieter stünde demzufolge besser als bei ordnungsgemäßer Eignungsprüfung. Ein auch in Ansehung der hohen Bedeutung des Vertrauensschutzes insgesamt fragwürdiges Ergebnis.

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Dr. Stephan Rabe

Dr. Stephan Rabe

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