Das OLG Düsseldorf sieht in der Teilnahme eines Unternehmens, das bereits im Vorfeld einer Vergabe als Berater (Projektant) des öffentlichen Auftraggebers tätig war, grundsätzlich eine Gefährdung des ordnungsgemäßen Wettbewerbs (Beschluss vom 13.05.2024 – Verg 33/23). Die Entscheidung erging zu einem EU-weit ausgeschriebenen Auftrag über „Baustellenlogistik – Neuordnung Baufeldinfrastruktur“. Der öffentliche Auftraggeber hatte im Vorfeld der Ausschreibung einen Projektsteuerer mit der Vorbereitung der Leistungsbeschreibung sowie mit der verfahrensgegenständlichen Ausschreibung beauftragt. Im folgenden Vergabeverfahren hatte ein für diesen Projektsteuerer tätiger Nachunternehmer selbst einen Teilnahmeantrag abgegeben
Das OLG stellt sich auf den Standpunkt, ein öffentlicher Auftraggeber, der sich vor Einleitung eines Vergabeverfahrens durch einen Projektanten beraten lässt, angemessene Maßnahmen ergreifen muss, um sicherzustellen, dass der Wettbewerb durch die Beteiligung dieses Unternehmens bzw. eines mit diesem verbundenen Unternehmen am Vergabeverfahren nicht verzerrt wird. So könnte das später selbst als Bieter auftretende vorbefasste Unternehmen bei der Abgabe seines Teilnahmeantrages oder Angebotes aufgrund seines Informationsvorsprunges begünstigt sein. Oder es könnte bei der Vorbereitung des Vergabeverfahrens auf die Bedingungen für die Teilnehmerauswahl zum eigenen Vorteil einwirken.
Grundsätzlich sieht das Gericht allerdings die Teilnahme auch vorbefasster Unternehmen an einem Vergabeverfahren als zulässig an. Ein genereller Ausschluss von Projektanten wäre unverhältnismäßig. Allerdings trifft den öffentlichen Auftraggeber in diesem Fall die Verpflichtung, den Wissensvorsprung des vorbefassten Unternehmens durch Information aller anderen Bewerber oder Bieter auszugleichen. Er muss dadurch sicherstellen, dass der Vergabewettbewerb durch die Teilnahme des Projektanten nicht verfälscht wird.
Grundsätzlich stehe es im pflichtgemäßen Ermessen des öffentlichen Auftraggebers, welche Maßnahmen er zur Herstellung eines fairen Wettbewerbs ergreift. Dies gelte auch für die unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmende Bewertung, ob im Fall der Beteiligung eines Projektanten an einem Vergabeverfahren das Gebot des fairen Vergabewettbewerbs gewahrt wird. So müsse der öffentliche Auftraggeber, um dem vorbefassten Unternehmen im Vergleich zu seinen Konkurrenten kein überlegenes Angebot zu ermöglichen, die Eignungs- und Zuschlagskriterien so neutral gestalten, dass der Projektant durch einen etwaigen Wissensvorsprung keine Wertungsvorteile hat.
Das OLG führt allerdings auch aus, dass ein konkurrierender Anbieter, der sich z. B. auf eine unzureichende Mitteilung gesammelter Informationen durch einen Projektanten beruft, darlegen muss, welche dem Projektanten zur Verfügung stehenden Informationen nicht veröffentlicht wurden und zumindest im Ansatz darlegen, dass diese Informationen wettbewerbsrelevant sind.
Das OLG Düsseldorf nimmt öffentliche Auftraggeber in die Pflicht, einen möglichen Informationsvorsprung von Projektanten bzw. deren Subunternehmern, die sich am späteren Vergabeverfahren beteiligen, im Wettbewerb wirksam auszugleichen, gleichsam zu neutralisieren. Dabei nimmt das Gericht zu Recht an, dass der generelle Ausschluss vorgefasster Unternehmen von Vergabeverfahren unverhältnismäßig wäre. Das OLG weist dabei auf die Rechtsprechung des EuGH hin, der in mehreren Entscheidungen den Grundsatz geprägt hat, dass ein Unternehmen, das z.B. mit Forschungsaufgaben hinsichtlich eines öffentlichen Auftraggebers beauftragt war, zur Einreichung eines Teilnahmeantrages bzw. eines Angebots nur dann nicht zugelassen werden darf, wenn es nicht beweisen kann, dass nach den Umständen des Einzelfalls die von ihm erworbene Erfahrung den Wettbewerb nicht hat verfälschen können.