Regulation on Markets in Crypto-Assets (MiCA)

Mit Blick auf die erforderliche Regulierung für Kryptowerte, Stablecoins, Märkte und Kryptowertedienstleister hat die Europäische Kommission am 24.09.2022, als ein Teil der Bestrebungen zur Etablierung einer eigenen digitalen Finanzstrategie, die finale Version des Entwurfes für die Europäische Verordnung über Märkte für Kryptowerte (kurz: „MiCA“) veröffentlicht. Wir fassen die relevantesten Punkte des neuen EU-weiten Rechtsrahmens in einer kurzen Übersicht für Sie zusammen.

Der Markt für Kryptowährungen galt aus regulatorischer Sicht lange Zeit als „Wilder Westen“. Er ist sehr volatil und grundsätzlich auch zyklisch. Sowohl um den Jahreswechsel 2017/2018 als auch in der Zeit zwischen Ende 2020 und Anfang 2022 wurden viele (insbesondere auch private) Anleger mit der Aussicht auf hohe Kursgewinne in das Ökosystem gelockt. Aktuell dominieren ebenso schlagartige wie hohe Wertverluste, „Exit-Scams“ und Zusammenbrüche von Kryptowerten und Handelsplattformen die Schlagzeilen.

Nicht zuletzt durch die Insolvenz der bis dato drittgrößten Kryptobörse FTX, im Zuge derer zahlreiche Investoren und private Anleger über Nacht ihr (gesamtes) Vermögen verloren, wurde der gewaltige Bedarf an einer sinnvollen, praxisrelevanten und einheitlichen globalen Regulierung des Kryptomarktes noch einmal verdeutlicht.

Mit der sogenannten Regulation on Markets in Crypto-Assets (MiCA) verfolgt die Kommission das Ziel, einen EU-weiten Regelungsrahmen für den Umgang mit Kryptowerten, Stablecoins, Märkten und Kryptowertedienstleistern zu schaffen, um der fehlenden Harmonisierung in der Regulierung der einzelnen Mitgliedstaaten entgegenzuwirken. Durch die Regulierung des Vertriebes, der Ausgabe und des Handels mit Crypto-Assets soll Rechtssicherheit für Kryptoanleger und -dienstleister geschaffen und gleichzeitig die Attraktivität des europäischen Krypto-Ökosystems im internationalen Vergleich gefördert werden. Dabei liegt das zentrale Augenmerk der Verordnung auf der Gewährleistung des Anleger- und Verbraucherschutzes, der Schaffung eines stabilen und integren Kryptomarktes und der Förderung von Innovation und eines fairen Wettbewerbes innerhalb der EU.

Anwendungsbereich der MiCA

Der Regelungsinhalt der MiCA gilt für alle Emittenten, sowie Kryptowertedienstleister („crypto-asset service provider“, auch: CASPs), die Kryptowerte öffentlich anbieten, bzw. zum Handel zulassen.

Der Begriff des Kryptowertes wird in Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 MiCA-Entwurf legaldefiniert. Demnach ist ein Kryptowert die digitale Darstellung eines Wertes oder Rechtes, der bzw. das unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden kann.

Im Vergleich zur deutschen Regelung (Katalog der Finanzinstrumente in § 1 Abs. 1 S. 4, 5 KWG) hat der europäische Gesetzgeber die Definition der Kryptowerte erheblich weiter gefasst. Demnach wird für die Einordnung als „Kryptowert“ im Sinne des MiCA-Entwurfes nicht vorausgesetzt, dass dieser von einer Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert oder garantiert wird und den gesetzlichen Status einer Währung von Geld besitzt. Außerdem wird auch keine Akzeptanz als Tausch- oder Zahlungsmittel oder das Dienen als Anlagezweck verlangt.

Neben der allgemeinen Klarstellung für Kryptowerte unterscheidet die MiCA nach drei Spezialkategorien – den wertreferenzierten Token („asset-referenced token, auch: ART), den E-Geld-Token („e-money token“, auch: EMT) und den Utility Token.

Die MiCA definiert einen wertreferenzierten Token als einen Kryptowert, der kein E-Geld-Token ist und bei dem verschiedene Nominalgeldwährungen, die gesetzliches Zahlungsmittel sind, oder eine oder mehrere Waren oder ein oder mehrere Kryptowerte oder eine Kombination solcher Werte als Bezugsgrundlage verwendet werden, um Wertstabilität zu erreichen (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 MiCA-Entwurf). Beispiele für „ARTs“ sind Stablecoins, die durch andere Kryptowerte oder physische Assets gesichert sind, wie etwa Tether oder DAI.

Unter einem E-Geld-Token ist nach Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 MiCA-Entwurf ein Kryptowert zu verstehen, der vorgibt, Wertstabilität gewährleisten zu können, indem er auf eine Nominalgeldwährung wie Euro oder Dollar, die als gesetzliches Zahlungsmittel zugelassen sind, Bezug nimmt. Unter diese Kategorie fallen beispielsweise Stablecoins, deren Wert an eine Zentralbankwährung gekoppelt ist, wie der USDC oder EUROC.

Schließlich ist ein Utility Token nach MiCA-Definition ein Kryptowert, der dazu bestimmt ist, digitalen Zugang zu einer Ware oder Dienstleistung zu verschaffen, über DLT verfügbar ist und nur vom Emittenten des Tokens akzeptiert wird (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 MiCA-Entwurf).

An die Zulassung von wertreferenzierten Token und E-Geld-Token zum Handel und zum öffentlichen Angebot werden in den Abschnitten III-IV der Verordnung besondere Pflichten und Anforderungen gestellt.

Von dem Regelungsinhalt der MiCA ausgenommen sind hingegen Kryptowerte, die als Finanzinstrumente i. S. d. Richtlinie 2014/65/EU (MiFID II) gelten, sowie Kryptoassets, die als Investmentvermögen, als Einlage oder als Verbriefung zu qualifizieren sind (vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. a)-e) MiCA-Entwurf). Für diese Werte sollen, unabhängig von einer MiCA-Regulierung, die bereits erlassenen Richtlinien und Verordnungen anwendbar bleiben.

Darüber hinaus sollen auch Non-Fungible-Token (sog. „NFTs“) grundsätzlich nicht vom Regelungsinhalt des MiCA-Entwurfs erfasst werden (Art. 2 Abs. 1 Nr. 2a MiCA-Entwurf). Ein Non-Fungible-Token ist ein kryptografisch eindeutiger, unteilbarer, unersetzbarer und überprüfbarer Token, der einen bestimmten digitalen oder physischen Gegenstand auf einer Blockchain repräsentiert. Darunter fallen beispielsweise Token, die Dienstleistungen oder physische Vermögenswerte verkörpern, die einzigartig und nicht fungibel sind, wie Immobilien oder Produktgarantien, sowie digitale Kunst und Sammlerstücke, deren Wert den einzigartigen Merkmalen jedes Kryptowertes zuzuschreiben ist und durch den Nutzen gebildet wird, den er dem Kryptowerte-Inhaber bietet.

Demgegenüber sind Bruchteile eines NFTs („Fractional NFTs“) wie „Serien“ oder „Kollektionen“ vom Regelungsgehalt der MiCA umfasst, weil sie gerade nicht einzigartig sind und somit als fungibel angesehen werden. Wann genau eine „Serie“ oder eine „Kollektion“ des NFTs anzunehmen ist, wurde bislang vom Verordnungsgeber offengelassen. Mangels konkreter Begriffsbestimmungen und Auslegungshilfen bedarf es nach aktuellem Stand stets einer genauen Einzelfallprüfung, ob der Regelungsrahmen der MiCA auf die Emission von Non-Fungible-Token anzuwenden ist.

Ebenfalls nicht von der MiCA erfasst sind dezentrale Anwendungen („Decentralized Finance“), für die ein gesonderter Rechtsrahmen abseits des aktuellen MiCA-Entwurfes geschaffen werden soll.

Whitepaper-Pflicht

Ein zentraler Punkt des Verordnungsentwurfes ist die allgemeine, harmonisierende Whitepaper-Pflicht für Emittenten von Kryptowerten.

Nach Art. 4 Abs. 1 lit. a) MiCA-Entwurf ist es ausschließlich juristischen Personen vorbehalten, andere Kryptowerte als wertreferenzierte Token („ART“) oder E-Geld-Token („EMTs“) für den öffentlichen Handel in der EU anzubieten respektive eine Zulassung für den Handel solcher Kryptowerte auf einer Handelsplattform zu beantragen.

Die Emission von „anderen Kryptowerten“ setzt nach Art. 4 Abs. 1 lit. b) MiCA-Entwurf voraus, dass der Emittent des Kryptoassets ein entsprechendes Whitepaper gem. Art. 7 MiCA-Entwurf bei der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde notifizieren lässt. Neben dem Emittenten sind im Sinne des Anlegerschutzes auch die Betreiber einer Plattform, die einen Kryptowert zum öffentlichen Handel anbieten wollen, zur Notifizierung eines Whitepapers verpflichtet. Demzufolge obliegt es dem Betreiber, ein bereits vorhandenes Whitepaper auf seiner Website zu veröffentlichen, oder – für den Fall, dass ein solches nach Maßgabe der MiCA nicht existiert – dieses selbstständig zu entwerfen. Solange das Whitepaper den Mindestanforderungen aus der MiCA entspricht und sich nicht auf wertreferenzierte Token oder E-Geld-Token bezieht, ist eine explizite Genehmigung durch die jeweilige Aufsichtsbehörde nicht erforderlich.

Die obligatorischen Inhalts- und Formanforderungen für ein Whitepaper werden in Art. 5 MiCA-Entwurf aufgestellt. Demnach muss die Ausführung eine detaillierte Beschreibung des Emittenten, des Projekts mitsamt den zugrunde liegenden Technologien und Risiken, der mit dem Kryptowert verknüpften Rechte und Pflichten, sowie eine Vorstellung der wichtigsten an der Konzeption und Entwicklung des Projektes beteiligten Akteure enthalten. Die anzugebenden Informationen sind in knapper und verständlicher Form fair, eindeutig und in nicht irreführender Weise vorzulegen.

Ferner müssen die potenziellen Anleger durch einen klaren und eindeutigen Hinweis vor der stets drohenden Gefahr des kompletten oder teilweisen Wertverlustes, der (temporär) eingeschränkten Handelbarkeit und einer möglichen Illiquidität von Kryptowerten gewarnt werden (vgl. Art. 5 Abs. 5 MiCA-Entwurf).

Das Whitepaper ist durch den Emittenten bzw. die Betreiber der Handelsplattform solange aktuell zu halten, wie die Kryptowerte öffentlich angeboten werden.

Neben den inhaltlichen Anforderungen an das Whitepaper werden in Art. 14 MiCA-Entwurf auch zivilrechtliche Haftungsvorschriften geregelt. So ist der Kryptowerte-Emittent, der ein Whitepaper veröffentlicht, das irreführende, unvollständige oder nicht eindeutige Informationen enthält, dem Kryptowerte-Inhaber zum Schadenersatz verpflichtet. Auch der Betreiber der Handelsplattform, der anstelle des Emittenten ein Whitepaper erstellt, das den zuvor dargestellten Anforderungen der MiCA nicht entspricht, kann von dem Kryptowerte-Inhaber in Anspruch genommen werden. Haftungseinschränkungen und -ausschlüsse haben keine Rechtswirkung. Der Inhaber des Kryptowertes trägt nach Art. 14 Abs. 2 MiCA-Entwurf die Beweislast dafür, dass das notifizierte Whitepaper in inhaltlicher oder formeller Hinsicht gegen die Anforderungen des Art. 5 MiCA-Entwurf verstößt und dass sich dieser Verstoß auf seine Entscheidung, den entsprechenden Kryptowert zu kaufen, zu verkaufen oder zu tauschen, ausgewirkt hat.

Die haftungsrechtlichen Regelungen der MiCA im Sinne des Inhaberschutzes sind grundsätzlich zu begrüßen, auch wenn bis dato Rechtsunsicherheit bei der Frage besteht, inwieweit diese auf nationale zivilrechtliche Vorschriften – etwa mit Hinblick auf Inhaltskontrollen von künftigen allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kryptowerte-Emittenten – durchgreifen können.

Erlaubnisvorbehalt für die Emission von Kryptowerten

Einen weiteren zentralen Punkt der MiCA-Regulierung stellt das Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für Emissionen von Kryptowerten in der EU dar (vgl. Art. 4 Abs. 1 MiCA-Entwurf). Dieses gilt für jede natürliche und juristische Person, die als Kryptowerte-Dienstleister innerhalb der EU eine oder mehrere Krypto-Dienstleistungen geschäftsmäßig für Dritte erbringen möchte. Durch die Regelung werden fortan die Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten, der Betrieb einer Handelsplattform, der Tausch von Kryptowerten, sowie die Beratung, die Annahme, die Übermittlung, die Platzierung und die Ausführung von Aufträgen über Kryptowerte für Dritte unter eine Erlaubnispflicht gestellt.

Von dieser Pflicht ausgenommen sind Unternehmen, die außerhalb der EU ansässig sind (sog. „third-country firms“) und Kreditinstitute, Zentralverwahrer und Wertpapierfirmen, die bereits über eine Zulassung nach MiFID II (sog. „Markets in financial instruments directive II“) verfügen.

Eine einmalig in einem Mitgliedsstaat erteilte Erlaubnis verleiht dem CASP die Legitimation, Dienstleistungen innerhalb der EU grenzüberschreitend anzubieten, ohne eine weitere Genehmigung in jedem Mitgliedstaat, in dem das Unternehmen sein Geschäft ebenfalls betreiben möchte, beantragen zu müssen. Das sogenannte „Passporting“ soll den Verwaltungsaufwand für die Kryptowerte-Dienstleister möglichst geringhalten und zur Förderung der Harmonisierungsbestrebungen des europäischen Kryptowerte-Marktes beitragen.

Der Verordnungsgeber versucht einen klaren aufsichtsrechtlichen Rahmen für das Betreiben von Kryptowerte-Dienstleistungen zu schaffen, indem er mit dem Erlaubnisvorbehalt für die Emission von Kryptowerten an bereits in anderen Märkten bestehende aufsichtsrechtliche Strukturen anknüpft.

Zusammenfassung und Ausblick

Der Regelungsrahmen der MiCA wird voraussichtlich im Frühjahr 2023 mit der Veröffentlichung der Verordnung im EU-Amtsblatt in Kraft treten. Ab diesem Zeitpunkt beginnt eine achtzehnmonatige Übergangsphase, in der zunächst lediglich die Bestimmungen für wertreferenzierte Token und E-Geld-Token Anwendung finden. Erst mit Ablauf dieser Phase wird die MiCA-Verordnung auch für CASPs vollumfänglich verbindlich, die bis dahin weiter nach nationalem Recht reguliert werden.

Experten sehen in der MiCA-Verordnung das Potenzial zum internationalen Standard zu werden, welcher kommenden, weltweiten Regulierungsbestrebungen als Vorbild dienen könne.

Auch wenn mit dem MiCA-Entwurf ein erster Schritt auf dem Weg zur Schaffung eines vereinheitlichten, fairen und verbraucherfreundlichen Krypto-Marktes in Europa gelungen ist, dürften die Diskussionen und Bestrebungen zur Regulierung weiterer Bereiche des Kryptowerte-Ökosystems – mit Hinblick auf die rasante Marktentwicklung – längst nicht beendet sein.

Während sich die finale Ausfertigung der MiCA in den Endzügen befindet, diskutieren die Entscheidungsträger in der europäischen Kommission bereits offen über die Regulierung der dezentralisierten Finanzmärkte (DeFI), welche mit großem Fokus in der MiCA II-Verordnung behandelt werden soll.