Rechnungsberichtigung jetzt mit steuerlicher Rückwirkung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 20.10.2016, V R 26/15, seine Rechtsprechung zum Zeitpunkt der umsatzsteuerlichen Berücksichtigung von Rechnungsberichtigungen geändert.

Der Fall

In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Fall hatte die Finanzverwaltung dem klagenden Steuerpflichtigen den Vorsteuerabzug aus diversen Beraterrechnungen, die der Steuerpflichtige in den Jahren 2005 bis 2007 erhalten hatte, versagt, weil die Rechnungen keine ordnungsgemäße Leistungsbeschreibung enthielten. Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens vor dem Finanzgericht wurden im Jahr 2013 ordnungsgemäße Rechnungen mit genauerer Leistungsbeschreibung nachgereicht.

Die Entscheidung

Nach der Verwaltungspraxis und der bisherigen Rechtsprechung des BFH hätten die berichtigten Rechnungen erst im Zeitpunkt der Berichtigung berücksichtigt werden dürfen, so dass der Steuerpflichtige den Vorsteuerabzug erst im Veranlagungszeitraum 2013 hätte geltend machen können. Auf Grund des EuGH-Urteils in der Sache Senatex (Urteil vom 15.09.2016, C-518/14) sah sich der BFH jedoch zu einer Änderung seiner Rechtsprechung veranlasst. Denn der EuGH hatte entschieden, dass die Vorschriften der Mehrwertsteuersystemrichtlinie einer nationalen Regelung entgegenstehen, wonach der Berichtigung einer Rechnung in Bezug auf eine zwingende Angabe keine Rückwirkung zukommt. In richtlinienkonformer Auslegung der § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG und § 31 Abs. 5 UStDV hat der BFH jetzt seine frühere Rechtsprechung aufgegeben, wonach die Vorsteuer aus einer berichtigten Rechnung erst im Besteuerungszeitraum der Berichtigung abgezogen werden kann, und stattdessen im Einklang mit dem EuGH festgestellt, dass die Berichtigung einer Rechnung nach § 31 Abs. 5 UStDV auf den Zeitpunkt zurückwirkt, in dem die Rechnung erstmals ausgestellt wurde.

Voraussetzung dieser Rückwirkung ist jedoch, dass überhaupt eine berichtigungsfähige Rechnung vorliegt. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist ein Dokument jedenfalls dann als Rechnung anzusehen und damit berichtigungsfähig, wenn es Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Hierfür reicht es aus, dass die Rechnung diesbezügliche Angaben enthält und diese nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen. In zeitlicher Hinsicht ist eine Rechnungsberichtigung nach allgemeinen Grundsätzen bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG möglich.

Folgen für die Praxis

Die Entscheidung des BFH hat weitreichende positive Folgen für umsatzsteuerpflichtige Unternehmer. Wird der Vorsteuerabzug wegen Unvollständigkeit einer Rechnung für bezogene Leistungen versagt, kann der Steuerpflichtige nunmehr die vom Finanzamt festgestellten Rechnungsmängel im Rahmen des Einspruchs- oder Klageverfahrens noch durch Nachreichung berichtigter Rechnungen heilen. Die bislang in solchen Fällen für den ursprünglich zu Unrecht in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug zu leistenden Steuernachzahlungen nebst Zinsen von 6 % p. a. drohen bei rechtzeitiger Rechnungsberichtigung künftig nicht mehr.