BGH: Eine Gesamtrechtsnachfolge i.R. einer Verschmelzung geht einem vertraglich vereinbarten Abtretungsverbot vor

Das in einem Bauvertrag vereinbarte Abtretungsverbot nach § 399 2. Alt. BGB steht dem Übergang der dem Auftragnehmer gegen den Auftraggeber zustehenden Zahlungsansprüche auf die übernehmende Gesellschaft aufgrund der in § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG angeordneten Gesamtrechtsnachfolge anlässlich einer Verschmelzung des Auftragnehmers auf die übernehmende Gesellschaft nicht entgegen (BGH, Urteil vom 22. September 2016 - VII ZR 298/14 - OLG Düsseldorf).

Der Fall

Im Rahmen seines Urteils setzt sich der BGH mit der Frage auseinander, ob ein rechtsgeschäftliches Abtretungsverbot nach § 399 2.Alt BGB einer gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG angeordneten Gesamtrechtsnachfolge im Zuge einer Verschmelzung entgegensteht.

Der Beklagte schloss mit einer Bauunternehmergesellschaft in der Rechtsform einer GmbH einen Bauvertrag über Maurer- und Betonarbeiten bzgl. der Errichtung eines Einfamilienhauses. Im Verlauf der Bauarbeiten kam es zu mehreren Streitigkeiten zwischen den Vertragsparteien, u.a. weigerte sich der Beklagte die vertragsgegenständlichen Abschlagsrechnungen vollständig zu begleichen und eine Sicherheit in vereinbarter Höhe zu leisten. Nach mehrmaliger Fristsetzung seitens des Bauunternehmens, kündigte dieses den zugrundeliegenden Vertrag und stellte am 07.11.2000 eine Schlussrechnung über 694.814,27 DM. Nach Abzug der bis zu diesem Zeitpunkt seitens des Beklagten geleisteten Zahlungen belief sich die Restforderung, die das Bauunternehmen klageweise geltend machte, auf 371.785,58 DM (190.090,94 EUR).

Im Laufe des Rechtsstreits wurde das Bauunternehmen auf eine anderes Bauunternehmen in Rechtsform einer GmbH (nachfolgend „Schuldnerin“) verschmolzen, über dessen Vermögen am 01. April 2009 ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Nunmehr werden die Zahlungsansprüche aus dem Bauvertrag durch den Insolvenzverwalter der Schuldnerin (nachfolgend „Kläger“) geltend gemacht.

Der Beklagte erklärte mit Gegenforderungen u.a. wegen Mietausfall und Gutachterkosten im Zusammenhang mit dem Bauprojekt hilfsweise die Aufrechnung und beantragte im Zuge der Widerklage den überschießenden Betrag in Höhe von 98.348,50 EUR zzgl. Zinsen zur Insolvenztabelle festzustellen.

Das Landgericht hat die Hilfsaufrechnung des Beklagten zurückgewiesen, ihn zur Zahlung in Höhe von 141.733,65 EUR verurteilt und seine Widerklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung abgewiesen und die Revision zugelassen.

Die Entscheidung

Der BGH hat befunden, dass die zulässige Berufung in der Sache keinen Erfolg hat.

Im Hinblick auf den Rechtsübergang bzgl. der vertraglichen Zahlungsansprüche stellte der BGH zunächst den Meinungsstreit in der Fachliteratur zur Thematik der Anwendbarkeit des § 399 2. Alt BGB dar. Er selbst geht jedoch davon aus, dass eine rechtsgeschäftliches Abtretungsverbot einer Gesamtrechtsnachfolge im Zuge einer Verschmelzung, § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG, nicht entgegenstünde. Eine abweichende Auffassung führe zu unbilligen Ergebnissen, da die Rechtsnachfolgerin bei Anwendung des § 399 2. Alt BGB keine vertraglichen Ansprüche geltend machen könne, jedoch den Ansprüchen der Gegenseite aus demselben Vertrag ausgesetzt wäre. Der BGH führt dazu aus, dass das Interesse des Auftraggebers, die Abrechnung übersichtlich zu halten und nicht mit einem neuen Gläubiger konfrontiert zu werden, ein solches Ergebnis bei Anwendung des § 399 2. Alt BGB nicht rechtfertigen könne. Zudem setzte § 399 2. Alt BGB einen „rechtsgeschäftlichen Einzelakt“ voraus und sei „nicht auf die Besonderheiten der Gesamtrechtsnachfolge zugeschnitten“, insbesondere im Hinblick darauf, dass im Zuge einer Verschmelzung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG die Gesamtrechtsnachfolge des übernehmenden Rechtsträgers mit Eintragung in das Handelsregister „unmittelbar kraft gesetzlicher Anordnung ohne weitere Rechtsakte mit dinglicher Wirkung“ erfolgt.

Folgen für die Praxis

Durch diese Entscheidung wird der Meinungsstreit zum Forderungsübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge im Falle einer Verschmelzung trotz eines vereinbarten Abtretungsverbots bzgl. dieser Forderungen geklärt. Bei Streitigkeiten hinsichtlich der Wirksamkeit eines Forderungsübergangs ist also stets zu prüfen, auf welcher Rechtsgrundlage dieser Forderungsübergang beruht und ob er im Zuge einer Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge erfolgte.

Katharina Stertz
Rechtsanwältin
 
Cornelius Bartenbach Haesemann & Partner
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